Cornelia Gockel
Jeremy Deller
»Mögliche Geschichten«
Kunstverein München, 15.10.2005 – 27.11.2005
Seltene Einmütigkeit herrschte in der Kunstwelt bei der Verleihung des Turnerpreises 2004 an Jeremy Deller. Selbst der “Guardian” vermerkte wohlwollend in seiner Headline “Der beste Künstler gewinnt.” Deller bekam die Auszeichnung für sein Werk “Memory Bucket” verliehen, einem Video, in dem er sich Texas, der Heimat von George Bush annähert. Im Zentrum seiner Erkundungen stehen die Orte Crawford, wo George Bush eine Ranch hat, und Waco, wo die christlich fundamentalistische Davidianer-Sekte einen aussichtslosen Kampf mit der Polizei führte. Dellers Vorgehen ist quasi dokumentarisch. Er befragt die Leute vor Ort, zeigt in langen Kamerafahrten die Umgebung und versucht auf diese Art eine spezielle Atmosphäre einzufangen. “Memory Bucket” entstand 2003 noch vor George Bushs Wiederwahl als Präsident. Und so wirkt es geradezu apokalyptisch, wenn am Ende des Films ein Schwarm Fledermäuse den Malboro-roten Abendhimmel verdunkelt. “Niemand in Europa mag George Bush. Und ich bin Europäer.” meint er dazu lakonisch.
Dellers Arbeiten sind ohne Zweifel politisch motiviert, dennoch versteht er sich nicht als Aktivist, der die Welt verändern will. “Ich bin Künstler.”, erklärt er: “Ich mache lediglich, das was ich gut kann.” Der Kunstverein München hat Deller nun seine weltweit erste umfassende Werkschau im Rahmen der Ausstellungsreihe “Mögliche Geschichten” eingerichtet. Wie kaum ein anderer ist der 39-jährige britische Künstler dafür prädestiniert, diesen Ansatz durch sein Werk zu verkörpern. Denn Deller bedient sich journalistischer Methoden, wie der Recherche, des Interviews und der Analyse. In seinen Videos kombiniert er assoziativ Archivmaterial mit neuen selbst gefilmten Szenen. Anders…