Stefan Römer
Jenny Holzer
Kunst-Station St. Peter, Köln, 9.9. – 10.11.1993
Ich steche auf den Jungen ein. Ich schneide Löcher in ihn, damit er ausblutet.” ist einer der Texte, die Jenny Holzer in der Kunst-Station St. Peter präsentiert. Vertikal nach oben fließen Texte in englischer und deutscher Sprache mittels LED-Laufschriften (light emitting diode). Sechs der Laufschriften befinden sich an den Pfeilern des Mittelschiffs und zwei zwischen den Apsisfenstern. Alle acht richten sich nach der zentralperspektivischen Raumordnung.
Der vertikal nach oben fließende Text dominiert die Wahrnehmung gegenüber den statischen Farbfeldern der gotischen Glasmalerei in der Apsis. Das Display der Laufschriften: Die Farben Rot, Gelb oder Grün variieren in Buchstaben und Hintergrund; manchmal züngeln LED-animierte Flammen über den aufsteigenden Buchstaben.
Seit 1982 benutzt Holzer dieses aus der Straßenwerbung stammende Medium. Es gelang ihr, mit einem einzigen Medium berühmt zu werden und es sich mit einer Ausschließlichkeit anzueignen, daß es dadurch praktisch für keinen anderen Künstler mehr verwendbar ist. In der Laufschrift läßt sich in hohem Maße die typisch allegorische Verfahrensweise realisieren, wie sie nach Benjamins Theorie als Weiterentwicklung der Allegorie und des emblematischen Bilds seit Anfang des Jahrhunderts in der Collage- und Montagetechnik Ausprägung findet: In ein aus dem Kontext gerissenes Material wird mehr oder weniger willkürlich Bedeutung hineinprojiziert. Von allen polierten Flächen reflektiert, attackieren die Laufschriften den Betrachter in der Kirche mit ihrem endlosen Wortfluß. Dadurch erzeugen sie einen unmittelbaren Rezipientenbezug. In dieser Anwendung wird die Gattungsgrenze zwischen Literatur und Skulptur aufgelöst und zu einer erlebbaren Rauminstallation verschmolzen.
Eine Grundstruktur ihrer Texte: Egal, ob man die…