Michael Hauffen
Jennifer Bolande
Kunstraum München, 1.6. – 29.7.1995
Wie Klaus Theweleit erzählt, beinhaltete die langsame Drehung einer Langspielplatte für seine Generation das Versprechen produktiven Müßiggangs – ohne das dauernde Gefühl, von der Technik tausendfach überholt zu werden. Eine ähnliche Vorstellung muß Jennifer Bolande im Kopf gehabt haben, als sie eine rotierende LP mit dem Bild kreisförmig gruppierter Fallschirmspringer anstelle des Etiketts versah. Immerzu schwebend dreht sich diese Gruppe von Intensitätssuchenden und vermittelt etwas vom high-sein, das auch in der Kunst der Fall ist, wenn das kühne Spiel mit den Turbulenzen von der Furcht vor drohenden Schwierigkeiten befreit.
Zum Beispiel: Die männliche Technik erzeugt Gegenstände mit harten Kanten und Ecken, die weibliche Kunst dient dem Wunsch, diese Ecken abzurunden. Dieser Mythos wird zugleich enthüllt und neu interpretiert durch das Foto einer Frau, die mit so vielen Schulterpolstern ausgestattet ist, wie es Stellen gibt, die womöglich noch immer zu eckig sein könnten. Zusätzlich enthält der Rahmen weitere Schichten von bunten Eckpolstern.
Oder: Das Erhabene wird durch ein System von Abgrenzung, Differenzierung und Distinguiertheit produziert und reproduziert. Die Künstlerin probiert den Umkehrschluß anhand von Absperrungen, wie wir sie im Straßenverkehr antreffen. Versteckt sich nicht auch in dieser Exklusivität ein faszinierendes Wesen? Diese respektlose Frage wird mit einer Reihe von Fotos aufgeworfen, auf denen solche uns geläufigen Markierungen vorübergehend unzugänglicher Orte – wie nur für Kunstwerke üblich – ohne weiteren Kommentar präsentiert werden. Zudem zeichnen sich diese Symbole der Abwesenheit dadurch aus, daß sie ein zentrales schwarzes Loch, eine Leerstelle aufweisen. Als Erwachsene wissen wir natürlich, daß…