Claudia Posca
Jeff Wall: Transparencies
Westfälischer Kunstverein, 11.6.-7.8.1988
Das Diapositiv ist die Fotografie mit anderen Mitteln. Im Unterschied zum Papierabzug, der die Ablichtung eines Motivs fixiert, ist das Dia eine durchleuchtete fotografische Wiedergabe des Vorfindlichen. Das fotografierte Sujet ersteht in Wieder-Holung der gesehenen Wirklichkeit in neuem Lichte, und zwar in einem solchen der Illumination. Das fotografierte Motiv wird als Diapositiv zum transparenten Lichtbild, dessen qualitativer Unterschied zum papiernen Fotoabzug in der erhöhten tiefenräumlichen Perspektivität und einer größeren, lebendiger erscheinenden Farbintensivität steckt. Insbesondere die Lichtbildreklame legt dafür beredtes Zeugnis ab und stellt den ästhetischen Vorzug dieses Mediums in den Dienst der Kommerzialität.
Es ist ein vorzüglicher Handgriff, den Jeff Wall (geboren 1946 in Vancouver, Kanada), documenta-8-Teil-nehmer, in diesen Kontext tut. Er nämlich bedient sich des Diapositivs in einer Art, die konsequent sowohl auf die Reflexion des Mediums selbst abzielt wie ebenso auf deren Motivik. Dabei spielen formal/kompositorische Aspekte eine Rolle, die z. T. mit der Ikonographie des Kunsthistorischen spielen. In Permanenz fallen ambivalente Bildstrukturen auf, die den ersten Eindruck realistischer Dokumentfotografie empfindlich stören, was z. B. auf eine Anhäufung von Alltagsattributen zurückzuführen ist, die in Häufung künstlich erscheinen. Ungewöhnlich sind auch die Größendimensionen der Dias, wobei Wall das Format in Abhängigkeit zum Bildsujet wählt, was dementsprechend zum querformatigen Bildkasten bei den Stadtlandschaften führt, währenddem Portrait das quadratische Bildfeld – da es weder figürlich noch auch landschaftlich rückgebunden ist – vorbehalten bleibt. Von zwei Glasscheiben gehalten (das Dia liegt dazwischen), werden die Großdias in den Leuchtkästen zur transparenten Wirklichkeit, nicht ahnend, daß sie bloßer Schein…