Jochen Becker
Backfischige Schulmädchen stehen in einer Reihe. Vor ihnen ein Kohleofen und die Klassenbänke, hinter ihnen eine Wandtafel mit den Überschriften “Environment” und “Happening”. Zwischen den Texten, sauber gesetzt wie auf einem Werbeposter, prangt ein Comic-Bild von Roy Lichtenstein. Ein weiteres Foto im Rahmen der Düsseldorfer Präsentation zeigt den bübischen Lehrer neben dem Jungen Gijs van Dooren; beide präsentieren auf dem Tablett je eine kleine Skulptur.
Jef Geys – kein rechter Lehrer, nicht wirklich Künstler – führt im Schulunterricht die Tradition der Bauhauspädagogik fort. Das kollektive Tafel-Bild im Klassenrahmen faßte schon in den 60er Jahren geradezu postmodern Stile und Tendenzen der Gegenwartskunst zusammen, um sie so besser zu studieren: Zeitgleich mit den US-amerikanischen Appropriation-Künstlern läßt Geys seine Schüler Exponate der Moderne nacharbeiten und fortentwickeln. Diese Klassenarbeiten hielten – manchmal auch ungewußt – Schritt mit der jeweils aktuellen Kunstproduktion. Denn Unterricht in der Bauhaustradition bedeutet nicht nur Farb- und Formenlehre, sondern auch die konkrete Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst. Fern vom oberlehrerhaften “Das kann mein Sohn auch” fordert Geys seine Schüler zum “Do ist yourself” auf: Praxis statt Besserwisserei.
Sozusagen als Vordenker des Artothek-Konzepts entlieh Geys gemeinsam mit seinen Schülern in Galerien zeitgenössische Kunstwerke; 1984 fragte er bei Jan Hoet an, ob sie nicht eine Kollektion aktueller Kunst aus dem Genter Museum ins flämische Provinznest Balen bringen könnten. Indem er für die Anschlußfähigkeit einer entmusealisierten Museumskunst mit der schulischen Kunstproduktion “von unten” sorgt, macht Jef Geys zeitgenössische Kunst handhabbarer. Seine libertäre Kunstschulung wirkt nicht als von außen herangetragene und abstrakt vermittelte Museumspädagogik, sondern erschließt…