Michael Hübl
Jeder sein eigener Kontext
Was Leonard Monro Boden, Werner Tübke und Otmar Hörl verbindet
Wen hat dieser Leonard Monro Boden, schottischer Künstler mit allerdurchlauchtigster Reputation, nicht alles gemalt: Sir Peter Gadsden, Sir Murray Fox und Sir Ralph Ferring, aber auch Field Marshal Lord Slim, Lord Wakefield of Kendal, die Marquess of Linlithgow, Sir George Pinker, Sir James Cameron oder etwa Baroness Thatcher, hierzulande besser bekannt als Großbritanniens eiserne Lady des Neoliberalismus 1. Nicht zuletzt hat Leonard Boden auf zehn (später in offiziellem Auftrag mitunter mehrfach kopierten) Gemälden das Porträt von Queen Elizabeth II festgehalten. Sein erstes königliches Konterfei entstand 1957 – im gleichen Jahr, in welchem der Vatikan die Dienste des Künstlers in Anspruch nahm. Boden sollte ein Bildnis von Papst Pius XII. fertigen. Wie um diesen Sachverhalt, der durch das fertige Werk an sich schon bestätigt war, in seiner Faktizität zusätzlich zu bekräftigen, wurde von der Trias Papst-Maler-Bild eine Fotografie aufgenommen. Kein Schnappschuss, der den Fortgang der feinpinseligen Angelegenheit dokumentiert hätte, sondern eher ein offizielles Statement, das den Pontifex maximus in (gleichwohl gestellter, inszenierter) Realität neben der Transformation seiner realen Erscheinung in Malerei wiedergibt. Daneben, in bescheidener Abseitsstellung, aber keineswegs devot oder verlegen: der Urheber des repräsentativen Stücks, Leonard Monro Boden.
Das zurückhaltende Setting wäre eine ideale Illustration für ein Semiotik-Lehrbuch, zumal sich zwischen Dargestelltem und Darstellung, zwischen Signifikat und Signifikant einige essentielle Abwandlungen beobachten lassen. Während der reale Eugenio Pacelli alias Pius XII. mit ungerührten Gesichtszügen und in nachgerade katatonischer Anspannung erstarrt zu sein scheint, die Arme waagrecht abgewinkelt,…