Andreas Denk
Jedem der eigene Beuys?
Beim Joseph-Beuys-Symposium in Kranenburg schieden sich die Geister
Eigentlich sollte der fünftägige Kongreß (29. September bis 3. Oktober) im niederrheinischen Kranenburg eher einen Werbeeffekt haben: Die Stiftung Museum Schloß Moyland wollte an einem wichtigen Ort der Beuysschen Biographie, dem Geburts- und langjährigen Wohnort der Beuys-Freunde und -Förderer Hans und Franz van der Grinten auf das eigene 1997 zu eröffnende Museumsprojekt und das bis dahin in Kranenburg beheimatete Joseph-Beuys-Archiv aufmerksam machen.
Doch aus dem wissenschaftlich begleiteten Preview von Museum und Archiv wurde wieder einmal eine handfeste Auseinandersetzung zwischen Beuys-Apologeten und -Jüngern und Wissenschaftlern, die sich mit dem Werk des Klevers auseinandersetzen.
Verlief der Einführungsvortrag von Hans van der Grinten, der sich über die Rolle Kranenburgs im Leben von Joseph Beuys aussprach, noch unangreifbar harmonisch, ging es nach dem Vortrag von Rhea Tönges-Stringaris (Kassel) erstmals zur Sache: In die für die unterschiedlichen Beuys-Bilder auch unter Kunsthistorikern exemplarische Diskussion geriet die gleiche Kranenburger Phase um 1956/57, die der Künstler selbst in seinem “Lebenslauf/Werklauf” mit “Feldarbeit” bezeichnet und während der er tatsächlich in der Landwirtschaft half. Tönges-Stringaris verstärkte die bereits früher mehrfach geäußerte Ansicht, in dieser Zeit habe der Künstler eine psychische “Krise” durchlebt, die mit der “Umorganisation der ganzen Person” geendet habe. Die Kunsthistorikerin interpretierte ein Schriftstück auf der kleinen Collagearbeit “Nein sicher” (1956/66) aus der Sammlung Lohaus als erstes Zeugnis jenes “inneren Dramas”, weil dort die Rede sei von “Leiden und Askese”, der Konstruktion eines “Spezialgehirns” und dem Willen, “weg von künstlerischen Ansätzen zu kommen”. Dem nach Beuys’ eigenen Bewerbungsschreiben…