Ernst Pöppel
Jede Ästhetik ist aus der Sicht der Biologie die Kultivierung eines selbstverständlichen Wahrnehmungsvorganges
Sie sind Professor für Medizinische Psychologie, einer Disziplin also, die schon in ihrem Namen offenbar Natur- und Geisteswissenschaften in bezug auf den Menschen integrieren will. Was aber sind denn nun die spezifischen Untersuchungsbereiche einer Medizinischen Psychologie?
Im Sinne der Lehrverpflichtung ist es meine Aufgabe, Medizinstudenten Inhalte der Psychologie beizubringen, also was es im Bereich der Psychologie an Theorien gibt, die für die Medizin wichtig sind. Im Bereich der Forschung ist es mein Gebiet, herauszubekommen, was eigentlich in unseren Köpfen bei subjektiven Prozessen wie der Wahrnehmung oder dem Schmerzempfinden vor sich geht. Als Physiologe und Psychologe untersuche ich dies mit experimentalpsychologischen Verfahren, aber eben auch mit Hilfe von Anatomie, Physiologie und Patienten sowie mit mathematischen Modellen, über die wir versuchen, das Psychische nachzubilden. Das hier ist ein interdisziplinäres Institut, an dem Mediziner, Psychologen, Biologen, Mathematiker, Linguisten, Physiker und sogar Philosophen arbeiten. Ich versuche, das Wissen aus den verschiedenen Gebieten zu benutzen, um mehr über das Subjektive zu erfahren. Wenn man auf diesem Gebiet arbeitet, dann sollte man sich auch überlegen, welche Bedeutung das, was wir in unserem Gehirn verarbeiten, für andere kulturelle Bereiche hat. Es ist auffallend, daß viele in diesem Bereich auch immer Interesse an Kunst haben. So haben wir uns bereits seit Jahren gefragt, ob durch die Randbedingungen der Informationsverarbeitung im Gehirn auch Bedingungen für den künstlerischen Prozeß gegeben sind. Man kann zeigen, daß in der Malerei, vor allem aber in den Zeitkünsten wie der…