Manfred De La Motte
ÜBER
Jean-Pierre Wilhelm
UND DIE GALERIE 22, DÜSSELDORF
Obwohl ich einen preußisch-puritanischen Vater hatte, bin ich in einer betont musischen Umgebung aufgewachsen. Meine Mutter führte eine Art “Salon”, in dem musiziert und gelesen wurde. Eine zentrale Figur wurde der Dichter Paul Celan. Eines Tages brachte er einen bislang unbekannten Gast ins Haus, einen emigrierten Düsseldorfer Juden; er hieß Jean-Pierre Wilhelm, 1912 geboren, Sohn einer reichen oder mittelreichen Kaufmannsfamilie, der 1933 auswandern mußte: Frankreich, Spanien und wieder Frankreich. Er lebte in Paris als Schriftsteller, Übersetzer, war ein “homme de lettres” im weitesten Sinn und pendelte seit kurzem wieder zwischen Paris und Düsseldorf.
Es stellte sich bald heraus, daß er – genau wie meine Mutter – nicht nur an Literatur, sondern auch an Musik und Kunst höchst interessiert war und ganz besonders für die brisante Aktualität – oder jedenfalls das, was wir damals dafür hielten. Ich war zu der Zeit – frühe fünfziger Jahre – Pennäler, wurde Primaner, und war gefesselt von allem, was ich zu Hause erleben konnte. Ich heftete mich an die Fersen von Jean-Pierre Wilhelm, der meinen provinziellen Horizont drastisch erweitern half.
Eine erste wichtige “Bezugsperson” lernte ich durch JPW kennen, das war Gerhard Hoehme, der auf einem damals nicht unüblichen Weg an JPW gelangt war: In kurzer britischer Internierung in Gibraltar während des Spanischen Bürgerkrieges lernte Wilhelm einen rotspanischen Kombattanten aus Deutschland kennen, dieser wiederum stand nach dem Krieg Hoehmes nahe, die auch in Halle/Saale lebten und sich in den Westen absetzen wollten. Der gemeinsame Freund gab Wilhelms Düsseldorfer Adresse…