Renate Puvogel
Jasper Johns
Museum of Modern Art, New York, 20.10.1996 – 21.1.1997,
Museum Ludwig, Köln, 7.3. – 1.6.1997,
Museum of Contemporary Art, Tokio, 28.6. – 17.8.1997
Im Buch “Die magischen Kanäle” von Marshall McLuhan von 1964 findet sich folgende Passage: “Angenommen, wir sollten, anstatt das Sternenbanner selbst zu zeigen, die Worte ‘amerikanische Flagge’ quer über ein Stück Tuch schreiben und das dann wehen lassen – die Symbole würden zwar die gleiche Bedeutung ausdrücken, aber die Wirkung würde ganz anders sein. Das bunte visuelle Mosaik des Sternenbanners ins Schriftliche übertragen hieße, ihm die meisten seiner Eigenschaften als Gruppenleitbild und Erfahrungsinhalt nehmen, wobei die abstrakte Bindung an das Wort ziemlich gleichbleiben würde.”1 Die weitsichtigen Theorien des Literaturhistorikers waren in den USA der 60er Jahre auch bei Künstlern im Gespräch; andererseits wird McLuhan bei der Wahl seines Beispiels wohl die Flaggen-Bilder von Jasper Johns, die den Künstler anläßlich seines glanzvollen Debuts bei Leo Castelli bereits 1958 schlagartig bekannt gemacht hatten, im Hinterkopf gehabt haben. Denn eine der zentralen Fragen des amerikanischen Malers gilt der Wechselwirkung zwischen Motiv und Medium. Ihn beschäftigte die Frage, wie weit sich Aussage und Bedeutung eines Motivs wandeln, wenn man es in ein anderes Gewand, sprich Medium, kleidet, und wie sich das Medium seinerseits in der jeweiligen Gestaltgebung darstellt. Die umfangreiche Retrospektive macht offensichtlich, daß diese Überlegungen sämtliche Schaffensperioden des Künstlers durchziehen und daß sich lediglich das Interesse an bestimmten Sujets im Laufe der Zeit verlagert hat. Hatten die Werke der 50er bis 70er Jahre in erster Linie allbekannte Gegenstände und…