Jan Köchermann
Skulptur als Spiel mit dem Abgrund
von Peter Funken
Begriffe und Vorstellungen von dem, was Skulptur ist und kann, was bildhauerisches Arbeiten, Gestalten und Bauen im Raum und für den Raum bedeutet, dies hat sich seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Kunst und Architektur grundlegend verändert und weiterentwickelt. Mit Objektkunst und Arbeiten in situ, mit Environment, Installation, Land Art, Sozialer Plastik, zudem mit Video und weiteren digitalen Medien sind neue Möglichkeiten und Methoden einer Kunst im Raum für Menschen und Orte entstanden. Eine dreidimensionale Arbeit kann demnach deutlich mehr und anderes, als nur auf einem Sockel zu stehen, Denkzeichen oder Markierung im Stadtraum zu sein, oder eine Architektur zu dekorieren.
Ein Künstler, der mit einem deutlich erweiterten Begriff von Skulptur und Kunst arbeitet und experimentiert, ist der 1967 in Lüdenscheid geborene Jan Köchermann, der seit 20 Jahren in Hamburg lebt und arbeitet, aber längst nicht nur dort tätig ist. Köchermanns Arbeitsfelder sind immer wieder Architekturen und urbane Situationen, an denen er plastische Eingriffe vornimmt, für die er Stadt- und Architektur-Implantate herstellt und nach dem Prinzip verfährt, Fehlendes oder Nötiges zu ergänzen. Letzteres geschah etwa, als er 2004 in einer öden Unterführung in Hamburg, die von Obdachlosen bewohnt wird, eine Öffentliche Steckdose installierte, illegal – damit die Kampierenden Licht hatten, kochen, sich rasieren oder Radio hören konnten. Der kleine Eingriff, die unscheinbare Ergänzung, sorgte unmittelbar für mehr Lebensqualität, definierte den Ort und schuf neben mehr Privatsphäre zugleich Öffentlichkeit und Akzeptanz: Kunst für den öffentlichen Raum im besten Sinne.
Die meisten der dreidimensionalen…