Johannes Meinhardt
James Turrell – Lichträume
Städtische Galerie Göppingen, 10.9. – 12.11.1995
Licht ist eine kraftgeladene Substanz, zu der wir eine primäre Verbindung haben. Aber Situationen, in denen man die Präsenz einer so kraftgeladenen Substanz wahrnimmt, sind fragil. Ich forme es, soweit das Material das erlaubt. Es macht mir Spaß, damit zu arbeiten, so daß man es physisch fühlen kann, so daß man die Präsenz des Lichtes, das sich in einem Raum befindet, fühlen kann. Ich mag die Qualität von Fühlen, das nicht allein über das Auge abläuft.” (James Turrell, 1987)
Gerade weil der grundsätzliche Ansatz und die Problemstellung von James Turrell sich seit dem Beginn seiner Arbeit Mitte der 60er Jahre durchgehalten haben, ist es interessant, die tiefgehenden Verschiebungen der in den Arbeiten konditionierten Positionen und Haltungen des Betrachters zu verfolgen: von einem analytischen Betrachter, der die visuelle und energetische Realität des Lichtes und seiner `Materialisationen’ in der optischen Brechung an unterschiedlichsten Körpern beobachtet und erkennt, zu einem faszinierten, passiven Beobachter, der unfaßbaren sensuellen Erlebnissen ausgesetzt ist und diese konsumiert – und der dann, möglicherweise, auf dieses Erlebnis reflektiert.
Die doppeldeutige Realität des Lichtes, diesseits und jenseits allen ästhetischen Scheins, war eines der Untersuchungsobjekte der Minimal Art (etwa bei Flavin), besonders bei einigen Künstlern der Westküste (James Turrell wurde 1943 in Los Angeles geboren). Diese Doppeldeutigkeit ist in sich selbst verdoppelt: das Licht ist immateriell, aber real; es ist im Raum, bleibt im Raum aber unsichtbar – es wird sichtbar nur dort, wo es von einem Körper emittiert oder reflektiert wird. So ist…