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Ausstellungen: Frankfurt a.M. · von Christian Huther · S. 314 - 316
Ausstellungen: Frankfurt a.M. , 2006

Christian Huther
James Ensor

Schirn Kunsthalle, Frankfurt/Main, 17.12.2005 – 19.3.2006

Der junge Mann blickt ernst auf dem dunklen Selbstporträt von 1883/88 drein. Auf dem Kopf trägt er einen Blumenhut, ein nachträglich hinzugefügtes Attribut. Doch anders als der prächtige Schmuck beim Vorbild Rubens wirkt diese eher feminine Kopfbedeckung geradezu lächerlich. So wird das Porträt ironisiert oder gar ad absurdum geführt. Aber solche Bilder malte James Ensor gerne. Der Belgier wurde schon 1892, als 32-Jähriger, von einem Biografen als Don Quichotte der Kunst bezeichnet. Die Windmühlenflügel, gegen die er kämpfte, waren Kritiker und Kollegen, die seine Kunst ablehnten und ihn ausgrenzten. Ensor jedoch ließ sich nicht unterkriegen. Möglicherweise liebte er sogar die Rolle des verkannten Genies, des Außenseiters, des Narren, des Till Eulenspiegels. Denn so brauchte er auf nichts und niemanden Rücksicht zu nehmen und konnte mit ätzendem Spott zurückschlagen. Außerdem liebte er die Provokation, wie er gestand: “Meine Lieblingsbeschäftigung ist, die anderen abzubilden, sie zu entstellen, sie auszuschmücken.”

Tatsächlich ist das eingangs erwähnte Porträt nicht nur eine von über 100 Selbstbefragungen Ensors, sondern auch ein Verweis auf seine Außenseiterrolle. Doch der späte, aber noch zu Lebzeiten einsetzende Erfolg gab ihm dann Recht. Heute gilt Ensor als Ahnherr der Moderne vom Dadaismus über den Expressionismus bis zum Surrealismus. Und Entdeckungen lassen sich in seinem vielschichtigen, ebenso fantastischen wie satirischen Werk noch immer machen. Das versucht nun die Frankfurter Schirn Kunsthalle anhand von rund 80 Gemälden und 75 Zeichnungen sowie Druckgrafiken. Eine vergleichbar große Retrospektive in Deutschland fand zuletzt vor 33 Jahren im Württembergischen Kunstverein Stuttgart…


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von Christian Huther

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