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Ausstellungen: München · von Michael Hauffen · S. 367 - 368
Ausstellungen: München , 1999

Michael Hauffen
James Coleman

»Lapsus Exposure«
Rüdiger Schöttle, München, 11.9. – 30.10.1999

Eines der wesentlichen Kennzeichen unserer Epoche dürfte sein, dass die Unterstellung gesellschaftsübergreifend gültiger Beschreibungen zunehmend zweifelhaft geworden ist. Im Kontext der Kunst betrifft das vor allem die Logik der Repräsentation, die das Potential der Heterogenität möglicher Ansichten durch Normierung einschränkt. James Colemans Werk kann als der Versuch interpretiert werden, die dabei wirksamen Strukturen im Horizont konzeptueller und anderer postminimalistischer Strategien zu unterlaufen, indem er an ihre Grenzen rührt.

Seine Arbeit “Slide Piece” (1973), projiziert in laufender Wiederholung immer das gleiche Dia, und gibt dazu die Situationsbeschreibungen verschiedener Personen der Reihe nach über Lautsprecher zu hören. Der Differenz der Ansichten steht nun ein Bild gegenüber, das zugleich Alles und Nichts zeigt. Es ist nicht mehr als Zeichen mit erkennbarer Bedeutung zu lesen, sondern verschwimmt in seiner Eigenschaft als Medium vielfältiger Kontexte. Woran man sich nun noch halten kann, sind allein die BeobachterInnen und ihre Beobachtungen.

Beobachtungen basieren auf Unterscheidungen, die sich immer auch durch einen blinden Fleck auszeichnen. Wenn man etwas unterscheidet, so wie die Beobachter in dem ihnen gezeigten Bild, kann man nicht gleichzeitig sehen, was man dabei ausblendet, weil das nur aufgrund anderer Unterscheidungen sichtbar würde. Nimmt man diese Eigenschaft ernst, dann lösen sich Weltbilder in kontingente Fokussierungen auf und erzeugen unkontrollierbare Zonen der Unbestimmbarkeit.

Manche Kulturschaffende, die sich mit dieser Situation konfrontiert sehen, versuchen daraufhin, Bestimmbarkeiten und Gewissheiten wieder herzustellen. Colemans Entscheidung fällt konträr aus. Schon “Slide Piece” lässt sich als ironischer Kommentar in der Form eines Kunstwerks auffassen, und knüpft…



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