Michael Stoeber
Jake & Dinos Chapman
»Memento Moronika«
Kestnergesellschaft, Hannover, 28.11.2008 – 1.3.2009
Von Beginn ihrer Karriere an haben die britischen Brüder Jake und Dinos Chapman als Künstlerpaar zusammen gearbeitet. Befragt nach dem Antrieb für ihre Kunst, gaben sie in einem Interview zur Antwort: „Moralische Panik“. Man kann diese Auskunft nicht ernst genug nehmen. Sie ist tatsächlich der originäre Schlüssel zum Verständnis ihrer Kunst. Diese moralische Panik bestimmt bereits ein frühes Werk aus dem Jahre 1993, ihre großen installativen Paraphrasen der „Desastres de la guerra“ (1810-1820) von Francisco de Goya (1746-1828). Auf ihn und seine „Schrecken“ kommen die beiden Brüder im Verlauf der Jahre in ihrer Arbeit immer wieder zurück. Nicht von ungefähr! Denn in der Radierfolge des großen Spaniers kündigt sich beinahe zeitgleich mit dem Heraufziehen der Ideen der Aufklärung zugleich auch ihr Scheitern an. Napoleon, den Goethe – in Anlehnung an Hegel – den „Weltgeist zu Pferde“ genannt hatte, weil er in all seinen Kriegen den Code Civil für die von ihm besiegten Völker mit sich führte, erlebte in Spanien ein frühes Waterloo. Die Spanier pfiffen auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Obwohl besiegt, kämpften sie weiter. Sie erfanden den Guerillakrieg, mit dem der soldatische Kampf in den Zustand einer bis dahin nicht gekannten Brutalisierung eintrat.
Ein anderer immer wieder auftretender Topos im Werk der britischen Brüder ist ihr Hinweisen auf die Konzentrationslager des Nationalsozialismus. Wer hier ein antideutsches Ressentiment vermutet liegt absolut falsch. Es geht den Chapmans dabei ähnlich wie bei ihrer Bezugnahme auf Goya einmal mehr um das Scheitern der…