Annelie Pohlen
Italienische ‘Bilder’
Kultur, Tradition und Gegenwart
Es gibt nichts, was eine isolierte Betrachtung nationaler Kultur rechtfertigen könnte. Isoliert man kulturelle Erscheinungen aus einem übergreifenden – international, europäisch, westlich, abendländisch oder wie auch immer bezeichneten – Zusammenhang, so begeht man einen operativen Eingriff, die der Zerstückelung des menschlichen Organismus aus dem Vertrauen auf die Funktionstüchtigkeit der Einzelteile gleichkäme.
Die Entwicklung der italienischen Kunst – um die es hier mit Bezug auf einige ihrer Vertreter geht – ist ohne den internationalen Kontext nicht denkbar, nicht verstehbar. Die Kultur lebt vom Austausch. Aber sie lebt auch von dem Humus, in dem sie jeweils Wurzeln schlägt. Das hat mit nationalistisch verblendeter Sehweise nichts zu tun.
Nun haben gerade die fortschrittsgläubigen Jahrzehnte unter dem Leitstern eines funktionalen, technokratischen (letzteres wurde erst aus der kritischen Distanz wahrgenommen) Optimismus des Alles-Machbaren die Fahnen und Parolen des Internationalismus vor sich hergetragen. Die bisweilen die allgemeine Verunsicherung und Depression der einstigen .Weltbürger’ leichtfertig nutzende Umkehrung in einen nunmehr gepriesenen Regionalismus verurteilt nun andererseits den, der zwischen den Lagern steht, neuerlich zur Hilflosigkeit, fühlt er sich doch allzu schnell benutzt von eilfertigen Strategen, die in der Verkleinerung des Blickfeldes erneut griffige Manipulationsmechanismen gefunden haben. Internationalismus und Regionalismus sind in Wirklichkeit keine Alternativen.
Die Bedenken, die sich unmittelbar an eine gesonderte Betrachtung der italienischen Gegenwartskunst heften, sind mir mithin rundum geläufig. Und dies schon ohne die interpretatorischen Spekulationen, zu denen sich die nachfolgenden Zeilen auf den Weg machen.
In kaum einem Land der westlichen Welt ist das, was in Italien mit .ambiente’ umschrieben wird, so…