Manfred Seckinger
Italien politisch
Es ist schon ein merkwürdig Ding – dieses Italien. 39 Regierungen hat die Bevölkerung des Apennin kommen und gehen sehen, seit Kriegsende. Die Wirtschaft war schon zehnmal totgesagt, sie ist es jetzt, wie zu hören, diesmal endgültig. Chaos auf Italienisch.
Lebten wir Deutsche dort, wir hätten ihn längst wieder – den Kaiser, irgend einen anderen sehr starken Mann oder wenigstens den totalen Notstand.
Nicht so die Italiener. Das 54-Millionen-.Volk hat offensichtlich Spaß und Freude an diesem Zustand. Es hat Lust an raschem Szenenwechsel und Vergnügen daran, zu sehen, wie die jeweiligen Hauptdarsteller agieren, sich behaupten – oder auch nicht. Es scheint sich sogar schon daran gewöhnt zu haben, mit dem Terrorismus zu leben.
In einer Zeit in der tückische Anschläge verübt werden, die Inflation sich wieder der 19-Prozentmarke nähert, fortwährende Kurzstreiks die so schon knappe Produktivität absinken lassen, 1,6 Millionen Arbeitslose das soziale Klima vergiften, sieht sich die 2. größte Volkspartei des Landes, – die Kommunistische Partei Italiens – plötzlich von den Sozialisten links überholt, ja sogar der linke Flügel der Christlichen Demokraten scheint sich da noch dazwischen zu drängen.
Die KPI, die 7 von 20 Regionen kontrolliert1, hat sich längst als eine demokratische und außenpolitisch durchaus glaubwürdige Kraft in Europa erwiesen. Warum sie aber nun auf dem Weg ins Kabinett, in die Regierung immer wieder stecken bleibt, ist völlig schleierhaft. Fast scheint es, lassen ihre politischen Führer wie gelähmt die Hand sinken, die doch der Tür zur Macht so nahe ist.
Die italienischen Kommunisten verhalten sich erstaunlich still. Parteiführung und Provinzfunktionäre…