Fabian Stech
Italics
»Italienische Kunst zwischen Tradition und Revolution 1968 -2008«
Palazzo Grassi in Venedig vom 27.9.2008 – 22.3.2009
danach im Chicago Museum of Contemporary Art
In seinem Vortrag „Was ist die Kunst“ definiert Benedetto Croce Kunst als „Vision und Intuition“. Aus dieser Definition gehen für ihn vier allgemeine Negationen hervor. Zuerst einmal ist Kunst für ihn nichts Physisches, sondern ausschließlich Idee. Physische Tatsachen haben für Croce schlicht und einfach keine Wirklichkeit. Sie sind Konstruktionen unserer Vernunft zum Zwecke der Wissenschaft. Folglich hat Kunst als Intuition und Anschauung nichts mit dem Nützlichen oder der Lust und der Unlust zu tun. Die Dritte Negation lautet: Kunst ist kein moralischer Akt. Der gute Wille macht den Ehrenmann aus, nicht den Künstler. Die vierte und letzte der grundlegenden Negation, die aus der Definition der Kunst als Intuition also als Einfühlung und Empathie folgt, ist, dass Kunst nicht den Charakter begrifflicher Erkenntnis hat, sondern dieser als Form der intuitiven und sinnlichen Erkenntnis entgegengesetzt ist. Obwohl Benedetto Croces Theorie heute fast vergessen ist, hatte sie enormen Einfluss auf die Ästhetik vor allem durch R.G. Collingwoods expressionistische Theorie der Kunst als Sprache, die Gefühl ausdrückt. Croces Ästhetik spielt auch als Subtext in der italienischen Kunst eine Rolle, insbesondere in der Konstitution ihrer beiden berühmtesten Bewegungen, der „Arte povera“ und der „Transavanguardia“. Letztere eine Art intellektuelles Kaugummikonzept, lancierte Achille Bonito Oliva in den frühen Achtzigern. Aber auch in Francesco Bonamis Ausstellung im Palazzo Grassi kommt implizit eine solche intuitive Kunstdefinition zum Zuge, distanziert er sich doch explizit vom Ansatz des…