Jürgen Raap
Isa Genzken
Galerie Daniel Buchholz, 29.4. – 28.5.1988
Isa Genzken hat sich schon vor geraumer Zeit von der Formensprache ihrer früheren, extrem gedehnten und faltbootartig anmutenden Ellipsoiden gelöst. Konnte hier die Wahl des Materials Kunststoff mit bunt-lackiger Oberfläche als Auseinandersetzung mit perfektionistisch-glattem Industriedesign gewertet werden, so erscheinen ihre neueren Arbeiten als weitaus widerborstiger.
Allerdings ist auch in den jetzt gezeigten Frottagebildern und Betongußskulpturen auf Stahlrohrsockeln immer noch der Aspekt des Technischen deutlich spürbar. Bei diesen sensuell pointierten Strukturanalysen wird die “Außenhaut” auf quasi anorganischem Wege ausgebildet, vor allem durch die physikalische Wirksamkeit von Drücken, Reiben, Zerstoßen, Gießen und Trocknen.
Vor sechzig Jahren ging es den ersten Experimentatoren in Sachen Frottage und Grattage primär um figurativ ausdeutbare Zufallseffekte. Isa Genzken indessen bemüht sich nicht etwa um handwerklichen Automatismus, sondern präsentiert die abstrakten Strukturabdrücke und Schlierenspuren, die durch Abrakeln von grobem Untergrund auf der nassen, in Ölfarbe getränkten Leinwand entstehen, als scheinbare Ergebnisse fotomechanischen Emulgierens.
Selbst bei diesen flächigen Arbeiten bleibt ihre bildhauerische Mentalität spürbar. Denn die getrockneten Schabemuster haben durchaus haptische Qualität, und die Hängung der Bilder im Ausstellungsraum ist ganz bewußt auf eine Kommunikation mit den rundansichtigen Skulpturen hin ausgerichtet.
Beiden Werkgruppen liegt das gleiche Grundprinzip des “Herausbildens” (im wahrsten Wortsinn) zugrunde, nur mit veränderter technischer Vorgehensweise. Da Technisierung immer auch Standardisierung bedeutet, gilt es, die Norm ins Individuelle zu transformieren. Der vielgeschmähte Beton, jener als kalt, unsinnlich und abweisend verschrieene Baustoff, ist für Isa Genzken eine poetische Herausforderung. Die flüssige Zementmasse wird in mehreren Schichten in Holzverschalungen gegossen, die innen mit Styropor und…