Paolo Bianchi
Irwin
Als Reaktionen auf die letzte grosse Präsentation in der Kunsthalle in Düsseldorf (1989) platzten einmal mehr alte Wunden: “Schönheit des Verdrängten” (FAZ 16.2.), “unsäglicher Kitsch” und “faschistoid” (Rheinische Post 22.2.). Auslöser: die aus dem zerfallenden Vielvölkerstaat Jugoslawien stammende Künstlergruppe Irwin, ein fünfköpfiges, junges Männerkollektiv: Dusan Mandic (*1954), Miran Mohar (*1958), Andrej Savski (*1961), Roman Uranjek (*1961) und Borut Vogelnik (*1959), mit Sitz in Ljubljana. Nicht nur, dass Irwin immer wieder Meinungen polasieren, das Konzept der Provokation zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Schaffen des Kollektivs – und darüber hinaus. Die Gruppe Irwin rechnet sich nämlich zur 1984 gegründeten Organisation “Neue Slowenische Kunst”. Schon dieser Name ist eine Provokation, denn im jugoslawischen Slowenien spricht man bekanntlich nicht deutsch. Wohl war das aber die Sprache der zeitweiligen Eroberer, der Hitler-Armee. Die “Neue Slowenische Kunst” (NSK), eine Art multidisziplinärer, politisch-kultureller Bewegung, umfasst neben der Künstlergruppe Irwin die “Punk-Rock-Band Laibach” (deutscher Name, den die Habsburger im 13. Jahrhundert Ljubljana gaben), die kosmokinetische Theatergruppe “Red Pilot” (benannt nach einem futuristischen Magazin aus den zwanziger Jahren), das Gestalterteam “Neuer Kollektivismus” wie auch “Homo Art” um die alternative Rockgruppe “Borghesia”; ebenso im Unterbau Bereiche wie Architektur, Propaganda und Literatur, Film, Videokunst und Fotografie, Philosophie, Rhetorik und Strategie, Ökonomie, Ideologie und Technologie. Salopp gesprochen: NSK ist ein Staat im Staat, genauer noch: die Imitation der jugoslawischen KP.
NSK existiert als eine insgesamt 60 Mitglieder starke Kollaboration, die angeblich stramm kaderhaft organisiert ist, in der Regel getrennt wirkt, aber mit gemeinsamen Prinzipien. Der Weg von…