Heinz Schütz
Irina Nakhova
»Räume«
Museum für zeitgenössische Kunst der Russischen Akademie der Künste, 3.5. – 19.7.2011
Das Geschichtsmodell der Moderne basiert auf der Idee des universalisierbaren Fortschritts, das der Postmoderne setzt auf eine Vielzahl von Geschichten ohne Teleologie. Betrachtet man die Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter modernistischer Perspektive, bewegt sie sich in westlichen Ländern – aber keineswegs nur dort – radikaler und rascher als etwa in Ländern wie der ehemaligen Sowjetunion, wo politische Restriktionen und explizit ideologische Vorgaben den öffentlichen Kunstdiskurs strikt limitierten. Trotz der Restriktionen entfalteten sich, häufig mit Blick auf den Westen, eigenständige Positionen, die mit dem avantgardistischen Westdiskurs, mitunter mit Verzögerung, kompatibel waren und sind. Betrachtet man das Phänomen postmodernistisch, so tritt das Vorher oder Nachher, das Früher oder Später zurück, dafür wird die Frage nach der kontextuellen Differenz virulent. So lange die Ost-West-Differenz deutlich existierte, beinhaltete sie ein Moment der Hoffnung auf ein womöglich utopisch Anderes. Spätestens seit der westliche Markt- und Kunstbetrieb nach dem Fall des Eisernen Vorhangs globalistisch expandierte, ist diese Hoffnung verschwunden.
Zu den außergewöhnlichen Positionen, die sich im Schatten des Sowjetregimes entwickelten, gehört der Moskauer Konzeptualismus. Irina Nakhova, deren Retrospektive gegenwärtig in Moskau gezeigt wird, steht dem Konzeptualismus Moskauer Prägung zumindest ausgesprochen nahe. Früh setzt sie sich mit Viktor Pivovarov, einem der frühen Moskauer Konzeptualisten auseinander, sie steht in engstem Kontakt mit dem sich regelmäßig treffenden Konzeptualisten-Zirkel, nicht zuletzt wird Ilja Kabakov von ihren zwischen 1983 und 1987 entstandenen „Räumen“, den ersten Moskauer Totalinstallationen, beeinflusst. Die Frage, ob…