Sabine Vogel
Interview mit Minus Delta t in Lenins Arbeitszimmer (1. Mai ’89)
Netzwerk bedeutet in der Welt der Computer die Verbindung von Systemen. Wenn die diesjährige Ars Elektronica das Festival unter das Thema “Netzwerk der Systeme” stellt, so ist damit ein eindeutiger Anspruch formuliert: Es stehen nicht mehr ausschließlich Einzelprodukte im Mittelpunkt, sondern eine Qualität des Zusammenhangs ist gefordert. Während die Einzelobjekte aus einem größeren Zusammenhang gelöst werden, gliedert ein Netzwerk verschiedene Bereiche dem großen Zusammenhang ein. Netzwerk kann als Vertriebssystem verstanden werden, als rein technische Einrichtung, wie zum Beispiel Telefax, oder als Kommunikationssystem. In der Kunst ist Netzwerk einsetzbar als Neubezeichnung für die jahrhundertealte Idee des Gesamtkunstwerkes. Die entscheidenden Bedingungen, das Vorhandensein eines Inhaltes, nicht die Klärung der Frage des Wie, sondern des Was und Warum sind Voraussetzungen des Zusammenhanges. Netzwerke scheitern allzu oft an dieser Voraussetzung. Nur wenigen multimedial arbeitenden Künstlern ist es gelungen, ihr jeweiliges Konzept konsequent umzusetzen. Minus Delta t (kurz MDT) ist ein Beispiel dafür, daß ein solcher Anspruch umgesetzt und weiterentwickelt werden kann.
Eine Gruppe multimedialer Künstler beschloß 1978, in internationaler Zusammenarbeit parallel an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. MDT, von Karel Dudesek, Gerard Couty und Mike Hentz (Chrislo Haas, Bernhard Müller, Wolfgang Hofmann ausgeschieden) gegründet, ist zugleich Name und Programm: MDT ist ein Begriff aus der Computersprache und bezeichnet die Möglichkeit der Vorwegnahme der Zukunft durch statistische Berechnungen. Im Laufe der nunmehr zwölfjährigen Zusammenarbeit wurde MDT mit Performances, Musikauftritten und verschiedenen Projekten bekannt, zum Beispiel “Die Macht der Uniform” von 1981 oder das “Bangkok-Projekt”; ein…