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Ausstellungen: St. Petersburg · von Marius Babias · S. 396 - 397
Ausstellungen: St. Petersburg , 1992

Marius Babias
Interferenzen

Kunst aus Berlin West 1960-1990
Manege, Marmorpalast, Filmtheater Znanje, St. Petersburg, 20.12.1991 – 20.1.1992

Wer eine weite Reise tut, der hat was zu erzählen. Zwar liegt St. Petersburg nur rund zwei Flugstunden von Berlin entfernt und ist doch nach wie vor so weit weg, daß alles Gerede einer gesamteuropäischen Integration nichts als Zweckoptimismus und Schönfärberei ist. Wer den Begriff des Kalten Krieges lediglich politisch deutete und ihn überwunden sieht, seit das Sowjetsystem scheinbar versagte, der irrt. Dabei sind solche Irrtümer aus blinder Begeisterung, die dem historisch gewachsenen Feindbild auf beiden Seiten nicht Rechnung tragen, unverzeihlicher als die offenkundige Hegemonialpolitik der USA und der EG, denn diese macht aus ihren ideologischen, militärischen und wirtschaftlichen Interessen kein Hehl. Daß der Eiserne Vorhang niedergerissen sei, glauben nur Kriminalautoren, Leitartikler und Touristen. Die Politik weiß es besser. Wie sagte doch George Bush in seiner diesjährigen Rede an die Nation: “Wir haben den Kalten Krieg gewonnen.” Verloren haben die Sowjets. Die aus der Erbmasse der Sowjetunion hervorgegangenen GUS-Staaten tragen folglich die Lasten. Trotz der wirtschaftlichen Initiativen, Willensbekundungen und Danksagungen: die Bedingungen für den Austausch zwischen Ost und West diktieren die Sieger.

Der Kulturaustausch mag diese Erniedrigung der Unterlegenen zwar außer Kraft setzen, zielt er doch nicht primär auf das Erschließen neuer Märkte, sondern auf Dialog und Völkerverständigung. Nur: Kulturaustausch ist zugleich ein über die tatsächlichen Probleme hinwegtäuschendes Plazebo, wie das Beispiel DDR zeigt. Dort wurde und wird jede kulturelle Eigenart abgewickelt, die sich für das westliche Distributionsnetz nicht funktionalisieren läßt. Der Kulturaustausch ist ein sich…



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