Intensivierte Beziehungen
Spielarten der Partizipation im deutschen Gegenwartstheater.
Drei paradigmatische Beispiele
von Mira Sack
I. Partizipation und Theater
Theaterszenarien heute: Zuschauer werden von den Darstellern per Handschlag begrüßt, werden hinter die Kulissen geführt und bekommen tiefe Einblicke in die Machenschaften der Ensemblemitglieder. Sie übernehmen – spontan oder von langer Hand vorbereitet – Hauptrollen und werden zu den zentralen Protagonisten des Abends, berichten aus ihrem Leben oder tanzen um es. Auf dem Theater wie in der bildenden Kunst geht es dabei nicht mehr allein um die Aufmerksamkeit des Publikums. Der Zuschauer wird als Mitspieler gefordert, der agierend, behauptend, erzählend oder richtend auf die Bühne gebeten wird. Nur, wer macht dabei eigentlich wen zum Helden? Wem nutzt dies und wofür?
Analytisch gewendet mag man nach angemessenen Qualitätskriterien für dieses partizipative Durcheinander fragen oder kann unterschiedliche Formate entziffern, in denen Erzeuger und Nutzer, Autoren und Auserwählte zueinander finden. Aber wie fließen innerhalb dieser Aktionsfelder soziale und ästhetische, soziologische und künstlerische, inhaltliche und formale Legitimationsversuche ineinander? Was treibt den Wandel auf den Bühnen an und wohin führt er uns? Die Sehnsucht nach der unmittelbaren Begegnung mit und die Bezugnahme auf den Zuschauer ist dem Theater durch seine Nachbarschaft zu Ritual und Gesellschaftsanlass als Wesenszug von Grund auf eingeschrieben. Aspekte der Kommunikation zwischen den Akteuren, den Darstellern, ihren Figuren und Zuschauern, das Spiel mit der „vierten Wand“, der Identifikation und Katharsis als Wirkungsmuster, charakterisiert die wesentlichen Momente des Mediums. In allen Facetten der Darstellungs- und Spielweise steht folglich die Frage nach den Realitätsebenen des Spiels im Zentrum theaterästhetischer Betrachtung.
Auch inhaltlich…