Stephan Berg
Intendant Kunstmuseum
Prof. Dr. Stephan Berg, geboren 1959 in Freiburg im Breisgau. Studium der Germanistik, Anglistik und Geschichte an den Universitäten Tübingen, Berlin und Freiburg. Promotion im Fachbereich Germanistik. Freier Journalist im Bereich Bildender Kunst, u. a. für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und für Kunstforum International. 1990–2000 Direktor des Kunstvereins Freiburg. 2001–2008 Direktor des Kunstvereins Hannover. Seit 2004 Honorarprofessor an der Hochschule der Künste in Braunschweig. Seit 2008 Intendant vom Kunstmuseum Bonn. Zahlreiche Ausstellungen und Publikationen zur Gegenwartskunst.
Roland Schappert: Wird heute weniger oder anders reflektiert über Kunst der Gegenwart als vor fünfzehn Jahren? Inwieweit haben sich in diesem Zeitraum Denken und Urteilen über zeitgenössische Kunst verändert?
Stephan Berg: Ich beobachte hier durchaus eine Veränderung. Ganz sicher ist die zeitgenössische Kunst in den letzten Jahrzehnten in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit mehr zum Lifestyle-Phänomen geworden. Kunst hat aus dieser Perspektive gesehen inzwischen mehr mit gesellschaftlicher Inszenierung, Nobilitierung und „Schöner Wohnen“ zu tun, als mit kritischer Infragestellung von Wirklichkeit und gewohnten Denkmustern. Das hat natürlich stark mit den irrsinnigen Übertreibungen zu tun, die der „Secondary Market“ mit seinen permanenten Auktionsrekorden produziert. Obwohl wir wissen, dass diese Rekorde sich nur auf eine kleine Handvoll weltweit vermarkteter Positionen beziehen, erscheint auf einmal der gesamte Kunstbetrieb – zu Unrecht – als mondäner Bling-Bling-Zirkus einer superreichen Jacht- und Champagner-Klientel, die mit der Kunst die symbolische Veredelung ihres profanen Kapitals betreibt.
Hat „gute Kunst“ auch mit Wahrheit zu tun, mit Erkenntnis von Gesellschaft oder anderen Phänomenen ihrer Entstehungszeit – jenseits kunstimmanenter Problemstellungen?
Gute Kunst ist vermutlich immer ein Balanceakt zwischen kunstimmanenter…