Yu Hong
Innerhalb und außerhalb der Zeit
Ein Gespräch mit Heinz-Norbert Jocks
Yu Hong, einer der populärsten chinesischen Malerinnen der 80er Generation , ist eine große Ausnahmeerscheinung unter den zeitgenössischen weiblichen Künstlerinnen. Für sie ist Leben und Kunst ununterscheidbar. Kunst wird oft als Leben und Leben als Kunst erfahren. So formulierte sie es einmal. In ihrer 1999 begonnenen Serie „Witness to Growth“ reflektiert sie ihr Verhältnis zur Zeit, indem sie Selbstporträts mit Dokumentarfotografien in Verbindung setzt. So wirkt das Lächeln eine Kindes nicht mehr nur wie ein individuelles, sondern wie ein gesellschaftlich bedingtes. Die Leistung ihrer außergewöhnlichen Malerei besteht darin, dass bei ihr der weibliche Körper Subjekt und Objekt der Erzählung wird. Nicht selten bekommt der Körper in den Bildern etwas Performatives. In den letzten Jahren hat sich Yu Hong auch der Tradition der Malerei zugewandt und ein Thema wie das der „Himmelleiter“ nicht nur vergegenwärtigt, sondern in die Jetztzeit transferiert. Dabei geht es ihr darum, den Menschen als einen darzustellen, der sich verändert, weil die Zeit sich permanent ändert. Heinz-Norbert Jocks traf die Künstlerin in ihrem Studio in Peking.
***
Yu.Hong: Ich bin 1966 geboren. Mein Vater, ein passionierter Naturwissenschafter, hat in Beijing am Institut für Luft- und Raumfahrt der Universität gearbeitet, während meine Mutter Malerei an der Akademie studierte. Weil sie nach ihrem Studium an der CAFA als Art-Direktorin beim Beijing Verlag angestellt war, stapelten sich bei uns zuhause Kunstmagazine und Zeitschriften aus der Sowjetunion. So habe ich als junges Mädchen nicht nur viele Abbildungen von Kunstwerken gesehen, sondern…