Friedemann Malsch
Ingrid Roschek
Skulpturen, Arbeiten auf Papier
Galerie Rolf Ricke, Köln, 17.1.-14.2.1987
Seltsame Gebilde stehen da frei im Raum, in einer Reihe sich fortsetzend. Etwa drei Meter hoch ragen sie schlank empor; die Farbe ist kein Anhaltspunkt: hell- und dunkelbraune Töne bestimmen die einzelnen Figuren.
Aber sind es denn Figuren? Der erste Eindruck läßt an Totempfähle denken. Bei genauerem Zusehen aber verliert sich dieser Eindruck schnell, denn alle formalen Gegebenheiten sprechen dagegen. Obwohl die schlanke, stelenhafte Silhouette die Assoziation nahelegt, verweisen technische Ausführung und Bildprogramm auf anderes. Grundsätzlich sind die Figuren gebaut. Hier wird also nichts aus dem Stamm zur Formgebung herausgenommen. Im Gegenteil, die Form entsteht durch das Konstruieren. Dieser Verzicht auf die klassische bildhauerische Idee des Volumens wird durch die Tatsache unterstrichen, daß alle Figuren innen hohl sind.
Zwei Typen lassen sich unterscheiden: einerseits die aus kleinen Holzstücken sich stufenartig aufbauenden pyramidalen Formen, auf deren Spitze dann das Gerüst eines stereometrischen Körpers sitzt. In diesen Figuren kommt das Anliegen Ingrid Roschecks, eine plastische Bipolarität in ihren Skulpturen zum Ausdruck zu bringen, in eben dieser Form zur Geltung: der pyramidale Körper, innen hohl, als Ort des Außen und Innen, bekrönt vom statischen Gerüst eines mathematischen Körpers.
Der zweite Typ der Skulpturen überführt das Anliegen in ein komplexeres Gefüge: hier besteht die Figur aus zwei »Bauteilen«: einerseits wie bei Typ l der sich aus Holzstückchen aufbauende konische Körper, doch nicht so hoch wie dort. Darüber stülpt sich eine aus glatten Flächen aufgebaute Form, selbst ebenfalls vom Boden aufsteigend, sich dann aber auf die konische Form…