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Monografie · von Reinhard Ermen · S. 336 - 341
Monografie , 1997

Reinhard Ermen
Ingo Meller

Malerei ohne Maske

Am Anfang eine vierteilige Arbeit: Gelb, Rot, Blau und Grün; vier kleine, flache Tafeln jede 29 x 21 cm groß, auf der Wand verteilt auf knapp anderthalb Metern. Das sind vier präzise Leinwandrechtecke, ohne Keilrahmen unmittelbar auf der Wand liegend, und was der Betrachter nicht sieht, ist die Tatsache, daß sie jeweils über dünne Aluminiumträger gespannt wurden, woraus sich erst die hartkantige Exaktheit der Farbtafeln ergibt. Es scheint, als werde die Malerei von außen, von den harten, sicheren Ecken und Kanten nach innen aufgebaut, bzw. befestigt. Ein beträchtlicher Teil der Leinwand, auf der sich die blockartigen, gelegentlich auch verwischten Farbsetzungen frei bewegen, ist unbemalt, wie bei einer Zeichnung, wo das tragende Papier Farbe und Grund zugleich ist. Gelb, Rot, Blau, Grün, womit die Tafeln eben gekennzeichnet wurden, sind tonlich und materiell ertastet. Gelb ist deutlich mit Orange durchsetzt, Blau mit anderen Ausformungen des Zentraltones. Rot bekennt sich am deutlichsten zu Rot. Diese Arbeit von 1982 ist Anfang und gleichzeitig noch Vorgeschichte dessen, was Ingo Mellers Malerei in den folgenden Jahren auszeichnen wird, nämlich eine Erkundung malerischer Möglichkeiten, wobei der stets mitschwingende analytische Appell sich selbst im Setzen der Farbe zur Malerei transzendiert.

I

Wenig später, ja fast gleichzeitig mit dieser vierteiligen Arbeit von 1982 macht Ingo Meller so etwas wie einen entscheidenden Fund. Unzufrieden mit der sicheren Genauigkeit, der durch das Aluminium stabilisierten Träger, überläßt er die Leinwand sich selbst. Und beim Zuschneiden der einzelnen Stücke entdeckt er, daß jedes dieser Leinwandrechtecke sich individualisiert, wenn man es…


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