Friedemann Malsch
Inge Mahn
Galerie Brüsten, Wuppertal, 22.11.1985-23.1.1986
Der Kreis ist die stabilste geometrische Figur – die Kugel seine räumliche Entsprechung. Der Übertragung dieser Eigenschaft auf geistige und politische Semantik bedienen sich seit dem Altertum die Zentralbauten. Zentrierung des öffentlichen Interesses, der Erinnerung auf die jeweilige Memorie durch Architektur war das Ziel. Pavillons in Parks, besonders im 19. Jahrhundert, verlieren an konkreter Semantik, doch die Form und ihre Konnotationen bleiben gegenwärtig.
Annelie Brüsten hat sie für Wuppertal mit neuem Sinn gefüllt. Auf der Suche nach Galerie-Räumen entschied sie sich für einen kleinen klassizistischen Pavillon mit oktogonalem Grundriß, im Park oberhalb des Bahnhofs gelegen. Die Kunstszene Wuppertal wäre tot, gäbe es nicht diese Galeristin, die seit Jahren Ausstellungen mit Künstlern wie Uecker, Gläsker, Gerdes u.a. veranstaltet. So wird der kleine Zentralbau unversehens zum Zentrum des künstlerischen Diskurses in puritanischer Einöde.
Die klare architektonische Formel des Baus gibt dem Inneren Eigensinn. Die Gestaltung der Ausstellungen wird zwangsläufig zur Auseinandersetzung mit der Autorität des Raumes. Die Folge sind meist Installationen bzw. die Konzentration auf eine einzelne Arbeit. So z. B. im vergangenen Jahr Günther Ueckers »Kunstpranger«, der an Ort und Stelle entstand: als Ver-nagelung eines Baumstammes einer alten, im umgebenden Park gefällten Linde. Das Wechselspiel zwischen Kunst und Natur, zwischen beiden Räumen – konkret, übertragen oder auch chiastisch – wurde durch die großen Fenster ermöglicht, die den Bau nach drei Seiten öffnen.
Die Dominanz der Geometrie, das Übergewicht an Architektur der Galerie Brüsten forderte Inge Mahn in besonderem Maße. Gerade sie hat in den vergangenen Jahren mit ihren…