Gertrude Moser-Wagner
Indicatore als Kunst-Indikator
GERTRUDE MOSER-WAGNER (*1953 in der Steiermark, lebt in Wien): Vom Zugfenster aus entdeckt und fotografiert die Künstlerin Gertrude Moser-Wagner das Bahnhofsschild von Indicatore. Das Motiv verwandelt sich in einen Ideenauslöser, das Ortsschild “Indicatore” wird zum Indikator des Indikators. Die Künstlerin verschickt Postkarten des Fotos an 40 Personen aus kunstnahen und -fernen Bereichen, verknüpft mit der Bitte, einen Auftrag zu formulieren, den sie in Indicatore bei Arezzo (übrigens nicht das einzige Dorf mit diesem Namen in Italien) ausführen soll. Im Juni 1993 begibt sich Gertrude Moser-Wagner auf Forschungs- und Zeichenexpedition. Viele der Aufträge sind selbst wiederum eine Art Zeichen, Zeichen einer ahnungslosen und idyllischen Vorstellung eines italienischen Dorfes.
Es sind Aufträge, die von Aktion, Dialog und Wahrnehmung handeln, etwa: “Zwei heliumgefüllte Luftballons wären mitzunehmen, einer wäre vor der ersten Aktion bei Ankunft am Bahnhof loszulassen, der andere nach der letzten Aktion. Ist kein heliumgefüllter Ballon zu organisieren, so nimm zwei Papiersäcke, blase sie auf und zerschlage sie, einen vor der ersten Aktion in Indicatore und einen nach der letzten Aktion in Indicatore.” Es sind Aufträge für Ortserkundungen, für visuelle und akustische Aufzeichnungen, etwa: “Nimm dir vierzig Minuten Zeit.” Alles in allem Aufforderungen zum Handeln im Sinne eines Rituals der Annäherung an das Fremde, im Sinne “einer persönlichen Erfahrung in einem neuen Kontext”, wie es die Künstlerin nennt. In ihrem Text “Künstlerin außerhalb des Rahmens” findet sich der vielsagende Satz: “Transitorische Freiluftateliers, wie das von Indicatore, können neue Werke in die Welt heben.”
Die Künstlerin verbringt in Indicatore drei…