Helmut Draxler
In Situ
Junge Kunst aus Wien, CH und BRD
Wiener Secession, 12.7.-28.8.88
Der große Hauptraum der Wiener Secession war einst, 1902 etwa für die berühmte 14. Kunstausstellung des Hauses, dreischiffig gegliedert, wobei im rechten Seitenschiff Klimts Beethovenfries installiert war. Diese Struktur hat Architekt Adolf Krimschanitz wiederaufgenommen, um für die Ausstellung ‘in Situ’, für die Markus Brüderlin verantwortlich zeichnet, den passenden, stimulierenden Rahmen zu schaffen. Üblicherweise wirkt der Raum nämlich als weite, wenig akzentuierte Halle, worin die einzelnen Kunstwerke kaum Halt finden. Durch den einfachen, aber präzisen Eingriff hat der Raumkörper an Klarheit und, da er nicht mehr auf einen Blick überschaubar ist, sich daher erst im Gehen erschließt, optisch auch an Größe gewonnen. Die sechs Künstler fanden darin geradezu ideale Voraussetzungen, die ihre Realisationen wie von selbst in das vorgelegte Doppelthema integrierten:
‘In Situ’ bezieht sich auf das besondere Orts- bzw. Raumverständnis, wie es die Gegenwartskunst in ihrem Mißtrauen autonomer Tafelmalerei und Skulptur gegenüber ausgebildet hat, der erst im Vorwort vorgeschlagene Untertitel ‘Zwischen Abstraktion und Ornament’ verweist auf aktuelle stilistische und theoretische Tendenzen. Wie bei allen Themenausstellungen erfahren die ausgestellten Werke eine Art Doppel- oder gar Mehrfachcodierung: Sie müssen sich in ihrer autonomen Substanz behaupten und doch in verschiedenste, visuelle wie gedankliche Beziehungen untereinander und zu den thematischen Richtlinien treten. Ulrich Horndash (D, 1951) ließ eine massive Mauer errichten, die er an der Vorderseite rot, an der Rückseite schwarz bemalte. In der Mitte hängen jeweils Tafelbilder aus Seide, vorne sind darauf in Siebdrucktechnik die Schattenrisse einer Baustelle -Stahlträger und Arbeiter -…