Fred Forest
In der Metro und auf dem Videoband
mit Vilém Flusser
Seit ich Vilém Flusser 1972 das erste Mal begegnete, war er für mich nicht nur ein enger Freund, sondern vor allem auch ein wichtiger Adressat meiner künstlerischen Arbeit. Wir lernten uns auf der 12. Biennale von São Paulo kennen, zu der er mich als Kommunikationskünstler1 eingeladen hatte. Damals war er in Europa unterwegs, um für sie Künstler auszuwählen, die sich von den traditionellen Bildsystemen entfernten, die Dimension der Kommunikation bevorzugten und die Massenmedien oder neue Technologien einsetzten …
Im Sommer 1991, also 20 Jahre später, begab sich Vilém Flusser nach Paris, um sich eine elektronische Installation anzuschauen, die ich in der “Fondation de Base” einrichtete und der ich den Titel “Bible électronique et la guerre du golfe” gab. Zwischen diesen beiden Markierungen entwickelte sich unsere Beziehung, oft lebendig und tumultös, wechselnd zwischen relativ ruhigem und intensivem Austausch, stetig weiter. Das Gespräch mit ihm war erstaunlich stimulierend. In seiner Gegenwart hatte man immer das Gefühl, intelligenter zu sein. Man verdankte ihm diesen Zustand der Gnade, da er unerschöpflich über alle Themen und besonders über die am wenigsten erwarteten sprechen konnte. Er war eine wirkliche Quelle des Wissens, aber er verstand es auch oft, den Fluß seines Diskurses zu unterbrechen. Dann schob er die Brille auf seine Stirn und stützte sein Kinn auf die Hand, um mit einer von Vibrationen aufgeladenen Konzentration zuzuhören – bereit, loszuspringen wie eine Katze auf ihr Opfer. Brillant, exzessiv und ekstatisch, wie er war, hatte er alle Eigenschaften,…