ARMIN MEDOSCH
In den Korridoren der Macht
NEW LABOUR UND DIE »POLITIK DER AUFMERKSAMKEIT«
Zweifellos ist die “Ökonomie der Aufmerksamkeit” ein guter Ausgangspunkt, um das Funktionieren der heutigen Medienlandschaft zu verstehen. Ich möchte jedoch von einem leicht verschobenem Blickwinkel aus ein Thema behandeln, das als “Politik der Aufmerksamkeit” bezeichnet werden könnte.
Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die sogenannte “Neue Mitte” oder der “Third Way”. Betrachtet man diese ohne den ihnen eigenen ideologischen Vernebelungsgehalt – z.B. das fragwürdige Postulat vom Ende der politischen Ideologien und Klassengegensätze in einer Politik “Jenseits von Links und Rechts” – so bleibt unter dem Strich die reichlich tautologische Feststellung, dass die Neue Mitte schlicht ein anderes Wort für “Mehrheit” ist. In den neunziger Jahren wurden Wahlen nicht mehr durch Polarisierung gewonnen, sondern durch eine Rhetorik der Inklusion. Wer als Politiker mehrheitsfähig sein will, kann sich nicht auf die angestammte Wählerschaft nach dem Links-Rechts-Schema verlassen, sondern muss die Mitte besetzen. Diese ist jedoch ein rein synthetisches Produkt. Sie ist nicht deckungsgleich mit der “Mittelschicht”, und sie ist auch keine neue Schicht, die aus den sich angeblich auflösenden Gegensätzen zwischen Upper Class und Working Class entstanden wäre; sie ist eigentlich überhaupt keine gesellschaftliche Schicht, sondern ein statistisches Phänomen: der durchschnittliche Bürger mit dem durchschnittlichen Einkommen, dem durchschnittlichen Konsumverhalten und den durchschnittlichen Anschauungen.
In diesem großen Sammelbecken der berechenbaren Wahrscheinlichkeit liegt das Potential zum Wahlerfolg ebenso wie die Masse der Kaufkraft. Deshalb ist die Neue Mitte nicht nur für die Politik interessant, sondern auch für die Medien. Man könnte sogar so…