EDGAR SCHMITZ
In-A-Gadda-Da-Vida
Angus Fairhurst, Damien Hirst, Sarah Lucas
Tate Britain, London, 3.3. – 31.5.2004
Am besten ist die Ausstellung eigentlich in ihrem Vorraum. Im Retail-Bereich mit integriertem Café vor den Kassen in der Tiefe von Tate Britain steht Damien Hirsts Hautmodell – einer dieser diagrammatisch angeschnittenen, überdimensionierten und didaktisch eingefärbten Klötze aus dem Biologieunterricht, komplett mit Haarwurzeln, Haaren und verschiedenartigen Blutgefäßen, an denen sich angeblich Wachstums- und Regenerierungsprozesse des Organs Haut nachvollziehen oder zumindest erklären lassen. Dass die Plastik viel größer ist als das Original nimmt seiner Profanität nichts, und auch dass es hier nicht aus Plastik ist sondern aus mit Acrylfarbe angemalter Bronze, steigert nur die didaktische Zurichtung, die schon dem Original zugrunde liegt. Offensichtlichkeit ist hier Ziel und Modus des Originals wie der Kunstkopie und setzt sich natürlich auch inhaltlich fort, insofern das Hautstück als Lebensdiagramm vorgeführt wird, das in seiner dreisten Überdeutlichkeit jegliche abweichende Lesart verweigert.
Dadurch passiert hier aber auch etwas ganz anderes: gerade weil das Modell so überdeutlich ist (in seiner Herkunft, in seiner Gemachtheit, in seinem ursprünglichen Zweck und von da aus in seiner metaforischen Aufladung), schieben sich ganz andere Qualitäten in den Vordergrund: die Pastelltöne der verschiedenen Schichten und Einschübe haben auch etwas zuckergussartiges, die Form selbst signalisiert auch Tortenstück, und zusammen erzeugen beide den vulgären Appeal, den Hirsts Arbeiten als Grundausstattung ihrer Kunsthaftigkeit immer mitthematisieren. Als selbstreflexive Spiegelung von Kunst(markt)-Konventionen (die hier zur schillernden Einbindung führt anstatt zum didaktischen Vorführen wie in anderen Arbeiten) demonstriert die Arbeit den verführerischer Reiz und die desillusionierende Frustration…