Imperfection.
1. Istanbuler Design-Biennale 2012
Von Ingo Arend
Agent der totalitären Konsumwelt. Die Abrechnung des amerikanischen Kunstkritikers Hal Foster fiel deutlich aus. Schon der Titel seines letzten Buches verriet, was er von dem ubiquitär gewordenen Genre Design hält. Frei nach Adolf Loos‘ kunsthistorischem Klassiker „Ornament und Verbrechen“ nannte er den Band programmatisch – „Design und Verbrechen“.
Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass dieses verrufene Genre viel mehr sein kann als der ästhetische Knecht der Überproduktion, dann dürfte ihn die 1. Design-Biennale geliefert haben, die Mitte Oktober in Istanbul eröffnete. Deren Besucher bekamen nämlich gerade keine polierten Oberflächen, Markenklamotten und global brands zu sehen. Sondern Module aus gräulichem Plastik oder unbehandeltem Stahl. Und etwas, was man in coolen Kreativstudios sonst eher selten findet: Anleitungen zum zivilen Ungehorsam.
Dass diese Design-Biennale gerade jetzt am Bosporus veranstaltet wird, ist kein Zufall. Auf der einen Seite komplettiert die verdienstvolle Istanbuler Stiftung für Kunst und Kultur (IKSV), ohne die im türkischen Kulturleben fast nichts geht, mit ihrem jüngsten Baby ihre Produktpalette. Zu ihrem Jazz-Fest, dem Theater-Festival, dem Film-, Musikfest und ihrer berühmten Kunst-Biennale gesellt sich nun eben auch noch eine Biennale zum Design.
Historisch gesehen war das Auftauchen des Design in der Türkei aber immer auch Indiz eines gesellschaftlichen Modernisierungsdrucks. Das gilt für das Jahr 1830, als Sultan Mahmud II. seiner Armee eine neue Uniform nach französischem Vorbild verpasste und den Fes als Kopfbedeckung einführte. Den Mustafa Kemal Atatürk hundert Jahre später durch einen europäischen Hut ersetzte – zwei der ersten Design-Akte in der türkischen Geschichte.
Heute will die Türkei…