Maribel Königer
Imi Knoebel
Arbeiten 1970-1992
Galerie Six Friedrich, München, 12.2. – 19.3.1993
Fläche und Tiefe, Vielheit und Einheit, geschlossene und offene Form, Lineares und Malerisches. Imi Knoebel arbeitet seit Jahrzehnten an einem Werk, das vor allem an seiner minimalistischen Ästhetik und Konsequenz gemessen wird und es daher kaum angemessen scheinen läßt, es mit Termini zu belegen, die Heinrich Wölfflin zur Beschreibung der Kunst der Renaissance bzw. des Barock eingeführt hat. Trotzdem sind es diese Gegensatzpaare, die – bei unschuldigem, den kunsthistorischen Kanon außer acht lassendem Gebrauch – viele Schlüssel zu diesem Werk liefern.
Six Friedrich hat aus Anlaß ihres Galeriejubiläums, das immerhin 30 Jahre Dienst am Künstler und Kunden feiern kann, eine Retrospektive zusammengestellt, die den normalen Galerierahmen für Einzelausstellungen überschreitet. Sichtbar werden so die Verzweigungen eines Werks, das tief im Konzeptualismus der 60er Jahre wurzelt, ihm aber ohne Verbiegungen und größere Brüche entwachsen ist. Chronologisch und topographisch beginnt die Ausstellung mit dem “Weißen Kreuz” von 1970. Knoebel hat gerade erst die Akademie, das heißt Beuys, verlassen, und dennoch enthält bereits diese frühe Arbeit die wesentlichen Ideen, die später immer wieder neu variiert werden. Vier weiße quadratische, schräg auf der Wand zu einem Kreuz zusammengeschobene Tafeln erweisen dem Pionier der Abstraktion, Malewitsch, ihre Reverenz. (Daß nicht etwa Ad Reinhardt, sondern ein Europäer Pate stand bei Knoebels Frühwerk, weist schon auf die selbstbewußte Position hin, die der Künstler den amerikanischen Minimalisten gegenüber einnehmen wird, wenngleich er ihnen in der Regel wesentlich nähersteht als den meisten seiner Kollegen aus der Alten Welt.)
Die Farbe ist…