Christian Huther
Im Designerpark
Leben in künstlichen Welten
Institut Mathildenhöhe, Darmstadt, 14.11.2004-20.2.2005
Der Friseur an der nächsten Ecke schmückt sich damit wie die Fußpflegerin im Souterrain oder der Goldschmied im Hinterhof: Es gibt Hair-Designer, Nail-Designer, Schmuck-Designer, Foto-Designer – und viele andere umbenannte Berufe. Der Begriff Design hat einen inflationären Auftrieb bekommen. Er ist zum Leitbegriff für jede gestalterische Tätigkeit geworden, zudem vermittelt er die Vorstellung von etwas Unkonventionellem, von Ästhetik und Exklusivität. Ohnehin klingt der englische Terminus allemal besser als die alten, rein sachlichen Berufsbezeichnungen Entwerfer, Gestalter oder Grafiker.
Aber hinter der veränderten Begrifflichkeit (und hinter dem zugleich sich wandelnden Sprachverhalten) steckt Methode. Früher ging es nur um das verkaufsfördernde Gestalten von Konsumerzeugnissen, Modeartikeln und Haushaltsgeräten. Heute dagegen geht es um mehr als banales Produktdesign. Alles dreht sich um die komplette Verbrauchsgüter- und Unterhaltungsindustrie, um den richtigen Auftritt von Persönlichkeiten oder Firmen und um das ideale Aussehen. Folglich wird jedes Phänomen, das gestalterisch bestimmt ist, als designgeneriert bezeichnet – bis hin zum Designerbaby oder zur Designerdroge.
Dieser Verquickung von Zivilisationstheorie und Designhistorie spürt derzeit das Darmstädter Institut Mathildenhöhe nach. In einer groß angelegten Schau untersuchen Mathildenhöhe-Chef Klaus Wolbert und Michael Schneider vom Darmstädter Institut für Neue Technische Form den heutigen, weit gefassten Designbegriff und zeigen, wie „Design funktioniert, in Erscheinung tritt und wirkt“. Sie präsentieren ein pralles Panoptikum des Alltags, das durch einen Themenparcours von Haushalt über Wohnen, Ernährung, Körper, Kommunikation, Arbeit und Freizeit bis zum Konsum führt. Dabei kommen auch die Designklassiker nicht zu kurz: Kulturkritik und Produktästhetik entpuppen sich in Darmstadt…