Amine Haase
Im bewusstseinserweiternden Bioptop
dOCUMENTA (13), Manifesta 9, Estuaire – drei Großveranstaltungen der Kunst, die Schlaglichter auf den aktuellen Umgang mit Kunst und seine Gefahren werfen
Wieder einmal ein Sommer gefüllt mit Kunst, mit Großveranstaltungen, die allein in Europa die übliche Karawane in Bewegung hält. Hier soll der Blick auf drei Ereignisse gelenkt werden: die alle fünf Jahre gespannt erwartete Documenta in Kassel, die Manifesta, die in diesem Jahr im belgischen Genk landete, und das Projekt Estuaire, das zum dritten und letzten Mal in Nantes-Saint Nazaire stattfindet. So sehr sich auch die Weltausstellung in Hessen, die einzige nomadisierende Biennale und das französische Unternehmen voneinander unterscheiden, so gibt es doch Gemeinsames. Der größte gemeinsame Nenner besteht in dem Versuch, den Standort der Kunst 2012 zu bestimmen, und der zeigt sich im jeweiligen Umgang mit der Wirklichkeit. Das kann die globale politische sein – wie auf großen Strecken der Documenta –, das kann die lokale gesellschaftliche sein – wie in Genk – und das kann die regional ökonomische sein – wie in Nantes. Geschichte und Erinnerung spielen dabei stets eine wichtige Rolle. Und es werden auch die Gefahren sichtbar, denen die Kunst immer öfter und in zunehmendem Maße ausgeliefert wird: ihre Auflösung in der Realität. Wenn alles Kunst ist, ist nichts mehr Kunst. Wenn Kunst für bestimmte Zwecke allzu eindeutig eingesetzt wird, gerät sie in die Nähe eines Gebrauchsgegenstands. Das Seil ist schmal, auf dem die Kuratoren balancieren; der Absturz ins Banal-Alltägliche ist schmerzhaft – es sei denn, er ist gewollt, in der…