Gislind Nabakowski
Il Corso del Coltello
Claes Oldenburg, Coosje van Bruggen und Frank O ‘Gehry
Venedig, Herbst 1985
Einst war das »Arsenal« die größte Schiffsbauwerkstätte der Welt – und das vierte Zentrum der venezianischen Staatsmacht. Das älteste Gemäuer wurde bereits im 12. Jahrhundert gebaut. Die Fassade und das Portal hat man in der Renaissance hinzugefügt. Der Städtemaler Caneletto hat den kulissenhaften Ort und seine »Piazza« in einem berühmten Gemälde (1730) festgehalten. Sollten heute Touristen bis hierher kommen, so hält sie der nüchterne Hinweis »Militärische Zone – Zutritt verboten!« zurück. Nur eine Wasserstraße führt in das Innere des riesigen Areals. Die Gebäude selbst dürfen nicht betreten werden. Vor dem Portal und der Fassade hat der Doge Francesco Morosini – der als »Zerstörer der Akropolis« Geschichte gemacht hat, fünf steinerne Löwen aufbauen lasen. Er hat sie von seinen Beutezügen mitgebracht. Jetzt stehen sie hier, der Größe nach in Reih und Glied – aus ihrem ursprünglichen kulturellen Kontext gerissen. Das künstliche Arrangement der Steine läßt sie – trotz hoher eigener Kunstfertigkeit – auf einer ihnen vollends fremden Bühne wie gigantische »Nippesfiguren« erscheinen.
Den Pop-Künstler Claes Oldenburg (56) aus New York hat die lange Geschichte des »Arsenals« zu einem boshaften Spektakel unter freiem Himmel angeregt: »Was wir, der Architekt Frank O’Gehry, Coosje van Bruggen und ich gemeinsam tun, ist kein Happening, auch keine Performance. Es ist ein experimentelles Theater mit völlig neuen Formen, weil Disziplinen von Architektur, Literatur und Malerei miteinander vermixt werden. Und sie verschmelzen zu einem Bild von Venedig, wie wir es heute haben…