Vorbemerkung
Dieses letzte Kapitel wird sich am Leitfaden eines immens kunstwissenschaftlichen Problems bewegen, wie es sachlich von Wolfgang Schöne und Ernst Strauss analysiert, von Hans Sedlmayr polemisch postuliert wurde: der Tod des Lichts, bzw. das Ermatten des natürlichen oder sakralen Bildlichts zugunsten der Eigenlichtwerte der Farbe fast in der gesamten nachimpressionistischen Malerei.
Ein Zeuge aus erster Hand, der Neoimpressionist Paul Signac verwies auf den Ursprung und bereits auf die radikalste Lösung des Problems im Spätwerk Turners. Signac hielt sich an die Fakten, die pastos mit oft reinen Buntfarben vollgeschmierten Werke aus den späten 30er und den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts, die Signac im Sinne eines »couleur pour la couleur« interpretierte, die in Turners Selbstdeutung allerdings noch einer komplizierten Theorie des Lichts und der Dunkelheiten unterworfen waren. Inwieweit Turners überaus kühne malerische Leistungen mit der eigenen Geistigkeit, die kontinuierlich der romantischen Frühzeit entwuchs, in Einklang zu bringen sind, bedarf der eingehenderen Analyse. Ein gewisser Zwiespalt zwischen dem ideellen Pessimismus – seine unvollendete Dichtung hieß »The Fallacies of Hope« (Illusionen der Hoffnung, ab 1811) – und den furiosen Neuerungen der Malweise zeichnet sich jedoch deutlich ab. So konnten einerseits seine Bilder mit den aufregenden Lichterfahrungen in Joseph Paxtons »Cristall Palace«, jener revolutionierenden Eisen/Glas-Architektur von 1851, die Turner noch bestaunen konnte, in Verbindung gebracht werden. Andererseits dürfte gerade Turners großer Apologet John Ruskin durch seinen rigorosen Kulturpessimismus (ab den 50er Jahren) einiges an Einsicht in Turners Werk auf lange Zeit verstellt haben. Aber immerhin brauchte Ruskin sich für seine These vom Tod des Lichts,…