Jürgen Raap
Igor Sacharow-Ross
»Sapiens/Sapiens II«
Simultanhalle Köln-Volkhoven, 28.9.2000 – 20.4.2001
Als um 1980 in Köln das Museum Ludwig geplant und gebaut wurde, errichtete man im Vorort Volkhoven eine “Simultanhalle” als originalgetreuen “Testraum” für die Lichtverhältnisse. Seit der Einweihung des Museums 1986 steht diese Halle Kölner Künstlern für Installationsprojekte zur Verfügung. Bis zum April 2001 bespielt der 1978 aus Russland ausgebürgerte und heute in Köln und München lebende Künstler Igor Sacharow-Ross das Areal mit einer “Raumcollage”.
Dem musealen Musterraum als Ausdruck moderner Architektur hat er ein Gebäude in traditioneller russisch-udmurtischer Holzbauweise vorgelagert: Ein großes Bauernhaus in originalen Abmessungen dient nun ein halbes Jahr lang als Ort des Austauschs und für interaktive Präsentationen von Künstlern und Wissenschaftlern. Somit ist der hier ursprünglich simulierte klassische museale Ausstellungsraum für die Projektdauer kein Ort zum müßigen passiven Betrachten mehr, sondern ein Arbeitsplatz, ein Labor.
Das Konstruktionsprinzip ist für den Betrachter auf den ersten Blick nachvollziehbar. Ganze, unbehauene Stämme sind rechtwinklig ineinander verkantet. Und dies wird zum Leitmotiv für die gesamten prozesskünstlerischen Aktivitäten. Beide Gebäude gehen an den Türöffnungen ineinander über; sie durchdringen sich auf diese Weise räumlich wie symbolisch. Damit vereinigen sich auch die geistigen Welten, die diese beiden Gebäude repräsentieren, nämlich die westliche Kunst und die Volkskultur im ländlichen Russland. Zur Beschreibung eines solchen Zusammentreffens von ursprünglich räumlich und gedanklich Getrenntem greift Sacharow-Ross den Begriff “Syntopie” auf, den der Münchener Hirnforscher Ernst Pöppel prägte. In diesem Sinne ist “Sapiens/Sapiens II” eine “Syntopie-Plastik”.
Die “Auratisierung” eines Ortes geschieht durch seine geschichtliche Bedeutung und durch seine konkrete Nutzung. Die Erinnerung…