Wolfgang Max Faust
Idylle, Intensität, Zensur
Ein “nachgetragenes” Interview mit Achille Bonito Oliva
In der programmatischen Einleitung, die Marlis Grüterich dem von ihr zusammengestellten Kunstforum-Band zur “Italienischen Kunst heute” voranstellt, gibt es einen knappen Satz, der eine lange Geschichte enthält: “Ich glaube nicht, daß es nötig war, sie (gemeint sind angeblich von Achille Bonito Oliva vorgebrachte ‘Beschimpfungen’) wiederzugeben.” Leider erfährt der Leser nicht, welcher Art diese Beschimpfungen sind und in welcher Form sie vorliegen. Die “Beschimpfungen” sind ein Interview, das ich im September vorigen Jahres in Rom mit Achille Bonito Oliva für das Kunstforum-Heft durchführte. Da es in seiner Tendenz nicht der von Frau Grüterich vertretenen Kunstpolitik entspricht, fiel es kurzerhand ihrer Zensurschere zum Opfer. Dies ist um so bedauerlicher, da auch der von Roberto Peccolo verfaßte Schlußbeitrag des Bandes den italienischen Kritiker zur übermächtigen Negativfigur stilisiert, ohne daß der deutsche Leser auch nur in Umrissen erfahren kann, was Oliva denn zu sagen hat. Um dies zu ermöglichen, wird das Interview hier “nachgetragen”:
Achille Bonito Oliva, seit Jahren beobachten Sie – als Kunstkritiker, Ausstellungsmacher, Dozent für Kunstgeschichte – die internationale Szene sehr aufmerksam. Wie würden Sie die gegenwärtige Situation in Italien charakterisieren?
Die italienische Kunst durchlebt gegenwärtig eine sehr intensive Situation. Die jungen Künstler arbeiten mit großer Ausdrucksfreiheit, gleichzeitig aber benutzen sie alle nur erdenklichen bisher von der Kunst entwickelten Inhalte und Formen. Es gibt einen großen Eklektizismus, aber auch eine große Freiheit der Ausdrucksmittel. Viele dieser Künstler malen. Sie machen wieder Gebrauch von der Malerei. Aber sie haben endlich den Mut, die Zweidimensionalitat…