Ich möchte lieber nicht
Die Kunst des produktiven Nichtstuns
von Vanessa Joan Müller
Arbeitsverweigerung
Eine Serie von Fotografien aus dem Jahr 1978 zeigt den serbischen Künstler Mladen Stilinović mitten am Tag gemütlich im Bett liegen. Artist at Work hat er sein Werk genannt. Die weltabgewandte Entspanntheit dieser Selbstporträts korrespondiert mit dem, was Stilinović auch in seinem 15 Jahre später veröffentlichten Text The Praise of Lazyness konstatiert: Die Langeweile, das Nichtstun als Freiräume des Denkens sind wichtige Faktoren künstlerischer Kreativität. Im kommerziellen Kunstbetrieb westlicher Prägung sind sie jedoch auf gefährliche Weise negativ konnotiert. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks entstanden, richtet sich Stilinovićs The Praise of Lazyness explizit gegen das Modell des Künstlers als Produzent, wie es im vom Kunstmarkt gesteuerten Westen längst üblich war. Die Künstler in der Zeit des realen Sozialismus zeichnete ein Mangel an Produktivität aus, weil es für sie nichts zu tun gab in einem von bürokratischer Selbsterhaltung geprägten Staat, der Kunstmarkt nicht existierte und es kaum Galerien noch andere Institutionen gab, die progressive zeitgenössische Kunst ausstellten. Faulsein wurde in einer solchen Umgebung zur logischen Konsequenz. Faulsein meint dabei die Abwesenheit von Mobilität und strategischem Denken, bedeutet sinnlos vergeudete Zeit, totale Amnesie. Es meint auch eine gewisse Gleichgültigkeit, ein interesseloses Starren in die Leere. Diese Form des Faulseins ist anstrengend, manchmal sogar schmerzhaft, kurz: eine Virtuosität. Das richtige Faulsein muss erlernt und perfektioniert werden. Westliche Künstler, so Stilinovićs Feststellung, seien hingegen nicht faul, sondern stellten Gegenstände her. Ihre dauernde Beschäftigung mit Produktion, Promotion, dem Galeriewesen, dem System der Museen, dem Wettbewerb,…