Raimar Stange
Ich bin so neu.
Der Nachrichtenfaktor Neuigkeit und seine beschränkende Wirkung auf die Redefreiheit
Redefreiheit sollte damit zu tun haben, dass in den Nachrichten eben das zu hören und sehen ist, was für eine Gesellschaft und der in ihr lebenden Individuen „relevant“ und „wichtig“ ist. Stattdessen aber regeln sogenannte „Nachrichtenfaktoren“ was in den News – nomen est omen! – erscheint und was nicht. Vor allem der Faktor „Neuigkeit“ gibt da den Ton an – was eben auch heißt: was lange währt, wird endlich aus den Nachrichten entfernt, egal wie wichtig es trotz, oder gerade wegen seiner dauernden Relevanz auch ist.
I.
Der Begriff „Nachrichtenfaktoren“ wurde in den 1920er Jahren von dem Medienkritiker Walter Lippmann erstmals publiziert, in den 1930er Jahren dann unter anderem von dem us-amerikanischen Medienwissenschaftler Carl Warren weiterentwickelt. Warren erwähnte als entscheidende Kriterien, welche Meldungen als mediale Nachricht tauglich sind und welche nicht, vor allem: 1. Neuigkeit, 2. Nähe, 3. Tragweite, 4. Prominenz, 5. Dramatik, 6. Kuriosität. Im Folgenden möchte ich mich in meinen fragmentarischen Überlegungen auf den Nachrichtenfaktor Neuigkeit konzentrieren, denn gerade dieser Faktor ist heute relevant, da die mediale Nachricht in der inzwischen fast durchweg privatwirtschaftlich organisierten Medienlandschaft längst zu einer möglichst gut zu verkaufenden Ware geworden ist. Und als solche darf sie auf keinen Fall langweilen, darf sie nicht „zum alten Eisen gehören“ und „nichts ist so alt wie die Nachricht von gestern“. Zudem hat der Zwang nach der immer neuen Nachricht auch noch den Vorteil, dass sich selbst dringlichste Probleme, welcher Art auch immer, die in…