Justin Hoffmann
Ian Hamilton Finlay
»Wildwachsende Blumen«
Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 10.11.1993 – 9.1.1994
Ian Hamilton Finlay war nie ein bequemer Künstler. Stets wußte er das Kunstpublikum mit seinen Werken und Statements zu provozieren – was ihm auch in München gelingen sollte. Seine Ausstellung im Lenbachhaus mit dem Titel “Wildwachsende Blumen” bestand aus drei Räumen, von denen jeder einen eigenen Themenkomplex behandelte. Für alle drei Teile bildete jedoch Finlays Beschäftigung mit dem Neoklassizismus den Ausgangspunkt.
Der erste Raum kommentierte den derzeitigen Diskurs, der klassische Formen als politisch anrüchig auszugrenzen versucht. In diesem Sinne zitierte Finlay den deutschen Architekten Leon Krier, der wegen seines Buchs über Albert Speer heftig angegriffen wurde: “Für Architekten ist das Aufstellen einer einzigen klassischen Säule in moralischer Hinsicht fragwürdiger als der Bau eines Kernreaktors, und der Bau einer prächtigen Kolonnade ruft den Berufsstand stärker auf den Plan als eine Panzerschlange, die die Kruppfabriken verläßt.” Eine sarkastische Verbindung zwischen Militär und Säule zog der Künstler, indem er mehrere mit Camouflage bemalte Säulen aufstellte. Schon im Flur war dem Besucher eine Gegenüberstellung von übereinandergestapelten Landsknechtstrommeln und Säulensegmenten aufgefallen. Mit simplen ironischen Mitteln bearbeitete Finlay ein Bild der rückseitigen Fassade vom Haus der Kunst in München. Er verkleidete die Säulen mit Tüchern, auf denen abwechselnd die Worte “Verboten” und “Forbidden” zu lesen sind. Finlay wollte damit auf die Überschätzung der politischen Wirkung architektonischer Elemente hinweisen. Der Neoklassizismus steht für ihn nicht direkt mit dem Faschismus in Zusammenhang, sondern ist in den 30er Jahren im Kontext einer internationalen Bewegung zu begreifen. Aus…