I desire to become data: Code, Kritik und Kunst
Besuch in der „Infosphäre”: Eine Ausstellung als begehbare Link-Sammlung
von Carmela Thiele
Das Internet ist so alltäglich geworden, dass man problemlos in einer einsam gelegenen Fischbude auf Gotland mit Karte zahlen kann. Da erscheint die Frage mehr als berechtigt, wie die Neuen Medien unseren Alltag, unsere Wahrnehmung und unser Denken verändern. Oder um mit Peter Weibel zu fragen: Wie leben wir in der Infosphäre, die seit rund dreißig Jahren die Existenz des Menschen auf der Erde verändert hat? Rund 80 Projekte hat der ZKM-Chef gemeinsam mit Daria Mille und Giulia Bini für seine gleichnamige Ausstellung zusammengetragen. Sie werden dicht an dicht in den Lichthöfen 1 und 2 des Karlsruher Hallenbaus präsentiert. Wer sich ins Dickicht der Monitore begibt, begegnet einer neuen Generation, die ihr Umfeld genauso radikal befragt, wie es vor fast 50 Jahren die 68er taten. Sie wirken jedoch sensibler, informierter und reflektierter.
Die Ausstellung gleicht äußerlich einer Messe für die neuesten Trends der Cyber-Kritik. Sie wird immer dann inspirierend, wenn in den vorgestellten Projekten Menschen an Profil gewinnen, sei es als Protagonisten oder als Autoren. Wem Aaron Swartz kein Begriff ist, sollte sich als erstes – oder besser noch vor dem Ausstellungsbesuch auf YouTube – Brian Knappersbergers fast zweistündige Dokumentation The Internets’s Own Boy: The Story of Aaron Swartz anschauen. Der begnadete Programmierer und Aktivist für den freien Zugang zu Paywall-geschützten Daten beging 2013 im Alter von 26 Jahren Selbstmord. Freunde, Verwandte und Weggefährten beschuldigten die amerikanische Justiz, sie hätte den…