Jürgen Raap
Hyper real
»Kunst und Amerika um 1970«
Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen, 13.3 – 19.6.2011
Als die Sammlung Ludwig 1968 von Aachen nach Köln kam, lag der Schwerpunkt auf der amerikanischen und britischen Pop Art und auf der fotorealistischen Malerei. Wenn nun drei Museen, die heute den Namen „Ludwig“ tragen, nämlich jene in Wien, Budapest und Aachen, gemeinsam den Hyper-Realismus in der Kunst der frühen 1970er Jahre dokumentieren, dann erweisen sie damit den sammlungsgeschichtlichen Wurzeln ihrer Stifter Reverenz.
Für die Generation der abstrakten Künstler war jeglicher Realismus diskreditiert, weil er als „Staatskunst“ von den totalitären Systemen des 20. Jh. vereinnahmt worden war. In den Programmen hiesiger Museen und Galerien dominierten bis weit in die1960er Jahre abstrakte Strömungen. In Köln war Rudolf Zwirner der einzige Galerist gewesen, der stattdessen 1964 den Fluxus-Künstler Robert Filliou ausstellte, und der dann auch Peter Ludwig „schon sehr früh“ davon überzeugen konnte, „Pop Art zu erwerben“: 2006 erinnerte sich Zwirner in einem Interview mit Werner Krüger, wie seinerzeit der erste Katalog der Sammlung Ludwig den amerikanischen Museumsdirektoren, die bislang die Pop Art „radikal abgelehnt hatten“, die „Augen geöffnet“ hätten „für das, was sie ein Jahrzehnt lang übersehen hatten“.
Doch ebenso musste das documenta-Publikum des Jahres 1972 für das neuartige Realitätsverständnis der Pop- und Hyper-Realisten erst massiv umworben werden, wie in der Ausstellung ein Video mit einem der damaligen Vorträge von Bazon Brock beweist. Harald Szeemann, der als künstlerischer Leiter diese documenta 5 verantwortete, und sein Team wollten seinerzeit allerdings nicht nur die amerikanisch-westlichen Strömungen an gegenständlicher Kunst…