Paris
Huysmans als Kunstkritiker
Von Degas bis Grünewald, im Auge von Francesco Vezzoli
Musée d’Orsay 26.11.2019 – 01.03.2020
von Amine Haase
In einem Interview sagte Francesco Vezzoli, er habe „kein bisschen Angst, kitschig zu sein“, ja, Kitsch sei „das Eleganteste, was es gibt“. Wie er dieses Bekenntnis in einem Museum umsetzt, kann der italienische Künstler, der mit 1.001 Facetten die Kunstwelt zu irritieren weiß, jetzt in Paris zeigen: im Musée d’Orsay, das die Kunst des 19. Jahrhunderts, der „Salonmaler“ und der Impressionisten, unter einem Dach vereint. Die ästhetische Spannweite ist groß, so groß wie die eines eher unbekannten Kunstkritikers, der einer der bekannten – und aufsehenerregendsten – französischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts war: Joris Karl Huysmans. Die Kuratoren der Ausstellung „Huysmans“, Stéphane Guégan und André Guyaux, wollen den Kritiker vorstellen – und kommen doch nicht darum herum, den Autor von „A rebours“ (Gegen den Strich) im Zentrum zu sehen. Und das liegt – auch – an Francesco Vezzoli, dem sie die Inszenierung der Ausstellung anvertraut haben. Sein unverhohlener Hang zu Glamour und Pathos scheinen ihn geradezu für diese Aufgabe zu prädestinieren.
Joris Karl Huysmans (1848 – 1907) veröffentlicht mit 19 Jahren die erste seiner zahlreichen Kunstkritiken. Seine Schriften zur Kunst, die seinen Wandel vom Verfechter des Naturalismus zum Anhänger von Symbolismus und Mystizismus nachzeichnen, sind vergessen. Sein Nachruhm beruht auf seinen Romanen, vor allem „A rebours“ (1884). „Gegen den Strich“ gilt als Hauptwerk der literarischen „décadence“ des Fin de siècle, ein Roman, der nahezu ohne Handlung auskommt und sich allein um die ästhetischen Obsessionen…