Sigrid Feeser
Howard Hodgkin
»Retrospektive 1975 – 1996«
Kunstverein Düsseldorf, 18.8. – 20.10.1996
Die Bilder des englischen Malers Howard Hodgkin stechen aus jeder Umgebung hervor, sind koloristische Attraktionen ersten Ranges. Das Auge trifft auf juwelenhaft leuchtende Farben in ungewöhnlichen, oft dissonanten Nachbarschaften. Breite, an den Rändern großzügig ausfransende Pinselschwünge geben reiche Untermalungen frei. Pointillistisch schimmernde Tupfen und Flecken suggerieren einen unwiderstehlichen Tiefensog, der von fett hingelagerten Balken gebremst und bestätigt wird. Furios überspringt die Farbe die Bildgrenze, macht sich den derbgezimmerten Rahmen als zusätzlichen Auftrittsort dienstbar.
Reproduktionen sagen hier wenig. Sie verkleinern und verniedlichen den Eindruck, wirken vergröbernd, fast naiv. Hodgkins Malerei ist immer direkt, sinnlich und spontan. Ihre barock ausholende Dynamik läßt die Formate üppiger erscheinen, als sie es tatsächlich sind. Wild und scheu zugleich in ihrer Anmutung, scheint sie von intimen Erfahrungen gesättigt. Das irritiert, stachelt an. Vom festlich gesteigerten Vortrag wie betäubt, sucht das Auge nach Gewißheit, entdeckt in den Farbflächen Horizonte, Land und Meer, ordnet das Getupfte Gärten und Intérieurs zu, sieht vage Figuren, verliert sich in Fensterblicken. Und wird doch nie aus dem virtuos inszenierten Zusammenspiel von Farbe, Geste und Maßstab entlassen.
Die Retrospektive im Düsseldorfer Kunstverein war überfällig, ist ein Ereignis. Bis heute ist der 64jährige Hodgkin in Deutschland ohne Fortune. Zu entdecken war er eigentlich nicht: Hodgkin hat England auf der venezianischen Biennale von 1984 vertreten, erhielt 1985 den Turner-Preis der Tate Gallery, vor kurzem den Shakespeare-Preis der Hamburger Toepfer-Stiftung. Ausstellungen in der Kestner-Gesellschaft und in der Galerie Werner blieben ohne die erhoffte Resonanz.
Die Tatsache, daß sich…