Raoul Schrott
Hotels
RAOUL SCHROTT (*1964, lebt in Landeck, Tirol, und Seillans, Provence): In Tirol geboren, ging Schrott in Tunis zur Schule, studierte in Innsbruck, Berlin und Norwich, bekam seine erste Anstellung beim letzten lebenden Surrealisten Phillippe Soupault in Paris. In Neapel wirkte er als Lektor. Seine Gedichte »Hotels« (1995, 2. Auflage) handeln von der flüchtigen Existenz in immer wechselnden Unterkünften in Oberbozen, Anacapri, Delphi, Paris bis Djerba. Geschrieben hat Schrott diesen Zyklus, der sich nicht schließt, im provenzalischen Dorf Seillans. Den Dadaisten und Surrealisten nah, der optischen und akustischen Darstellung zugeneigt, sind Schrott »Hotels« keine Gedichte für die stille Klause. Im Gegenteil: Sie wollen laut gelesen werden, um die Musikalität und die Kraft der Worte optimal zur Geltung zu bringen.
Im Vorwort schreibt der viel gereiste Autor: »Hotels sind monumente von epochen, die an den ornamenten ihrer architektur erkennbar werden und sich an den bröckelnden fassaden verraten. Sie sind die fluchtpunkte jeden zeitalters und ihre zufälligen mittelpunkte zugleich; spuren jedoch lässt allein das zurück, was man pauschal als die geschichte bezeichnet. Man geht die fluchten der gänge ab und ist da, ohne wirklich hier oder jemals angelangt zu sein, das paradoxon der passage, eines lebens, das nach spuren sucht und seine eigenen an den dingen hinterlassen will, während das zimmermädchen am nächsten tag jeden fingerabdruck entfernt hat und die laken flach gestreift. Die zimmer eines hotels bleiben trotz der genrebilder im gang leer. … In diesem sinn sind hotels die eigentlichen tempel unseres jahrhunderts.« Hotels sind Orte der Anonymität, der flüchtigen…